29.05.2019 – 03.06.2019
Kuelap, Stadt über den Wolken
Vilcabamba ist übrigens dafür bekannt, dass hier landesweit die ältesten Menschen leben. Unbestätigten Gerüchten zufolge soll es angeblich am hiesigen Wasser liegen, das auch tatkräftig vermarktet und vertrieben wird. Wahrscheinlicher ist allerdings, dass die Einwohner hier sehr gut im Flunkern sind, zumindest was ihr Alter anbelangt….
Für uns ist der schmucke kleine Ort die letzte größere Station in Ecuador. Hier tun wir uns mit Martin und Liliana zusammen und fahren in den nächsten Tagen gemeinsam in Richtung Peru.
Der kleine Grenzübergang in La Balsa liegt am Ende einer mehr oder weniger guten Erdpiste. Die Regenzeit hat der Straße ein wenig zugesetzt und so kann man schon mal von einer Planierraupe aufgehalten werden, die den Weg wieder instand setzt. Alles nichts Ungewöhnliches.
Kurz vor der Grenze werden wir dann noch an einem Militärkontrollpunkt aufgehalten. Gleich mehrere schwer bewaffnete Soldaten durchsuchen die Fahrzeuge nach Munition und Waffen. Ich musste mich sogar selber mit dem Gesicht zum Fahrzeug und den Händen am Auto abtasten lassen, Janina sah wohl weniger nach Waffenschmuggler aus. Ersteres ist neu, aber nach getaner Arbeit wird noch ein wenig mit den Soldaten geschwatzt und man verabschiedet sich freundlich. An der Grenze in La Balsa ist dann schließlich Geduld gefragt. Auf der ecuadorianischen Seite ist das „System“ der Grenzer gerade nicht hochgefahren und wir können nicht auschecken. Auf der peruanischen Seite nervt uns dann noch eine Krankenschwester, die uns gegen Masern impfen will. Hoch motiviert zieht sie bereits mit einer offen herum liegenden Spritze eine Substanz aus einer Ampulle, um sie mit einer anderen Flüssigkeit in einer weiteren kleinen Flasche zu vermischen. Sie eröffnet uns, dass das Ganze obligatorisch sei, worauf wir alle einstimmig zu verstehen geben, dass Peru dann wohl auf unseren Besuch verzichten muss. Eine kleine Diskussion entsteht, während der Grenzer unsere Pässe stempelt und der ambitionierten jungen Frau nicht die geringste Aufmerksamkeit schenkt. Damit währen wir also schon mal offiziell ins Land eingereist, auch ohne Spritze. Das nimmt der Krankenschwester etwas den Wind aus dem Segel und ziemlich beleidigt gibt sie uns zu verstehen, dass Peru im Falle einer Infektion keine Haftung übernimmt. Damit können wir leben und setzen unsere Reise ohne Impfung fort.
Wir wollen uns zusammen die Gocta Wasserfälle im Norden des Landes anschauen, die laut einschlägiger Berichte erst im Jahre 2012 von einem Deutschen entdeckt worden sein sollen. Eigentlich müsste man aber eher sagen, dass die Einheimischen bis dahin einfach keine Gringos bis dort haben vordringen lassen. Wir parken unsere Autos in einem kleinen Ort unweit der Wasserfälle und nehmen am darauf folgenden Tag die Wanderung dorthin unter die Sohlen. In zwei Kaskaden stürzt sich das Wasser satte 771 Meter zu Tale und bildet dabei einen feinen Nebel. Schon ein beindruckendes Naturschauspiel. Ganz nebenbei stoßen wir unterwegs im Wald noch auf mehrere Andenfelsenhähne und dank des wiedererlangten Telezooms, kann ich die merkwürdigen Vögel endlich mal ordentlich ablichten. Am späten Nachmittag kommen wir alle doch relativ erschöpft wieder am Camp an.
Martin und Liliana verabschieden sich am darauf folgenden Tag dann schließlich in Richtung in Küste. Die beiden haben einen ziemlich engen Zeitplan und auf der Küstenstraße kommt man einfach schneller voran als quer durch die Anden. Irgendwie beschleicht uns aber alle das Gefühl, dass das nicht unsere letzte Zusammenkunft war. Wir beide bleiben in den peruanischen Bergen und steuern weiter in Richtung Kuelap, einer Festung der Chachapoyas, die hoch auf einem Bergrücken auf ungefähr 3.000 Meter über dem Meeresspiegel liegt. Seit etwa zwei Jahren ist sie mit einer ziemlich beeindruckenden Seilbahn zu erreichen, die nicht nur sehr steil den Berg hinauf führt, sondern auch teilweise ziemlich hoch über ein tiefes Tal führt. Dabei kann es schon mal vorkommen, dass die Gondeln durch den recht kräftig blasenden Wind ein wenig schräg am Seil hängen. Wer unter Höhenangst leidet, wird hier entweder seinen Dämonen gegenübertreten, oder sich für den schweißtreibenden und mehrstündigen Wanderweg entscheiden müssen. Wir gondeln lieber den Berg hinauf und freuen uns darüber, dass diese alte Festung noch nicht ganz so von Touristen überrannt wird wie Machu Picchu. Ihre Erbauer, die Chachapoyas, haben hier oben auf dem Berg ein doch recht beindruckendes Bauwerk geschaffen. Die Burg hat ziemlich große Ausmaße und beherbergt in ihrem Inneren zahlreiche Rundbauten, bzw. deren Überreste. Die Eingänge sind allesamt ziemlich clever angelegt, denn sie verjüngen sich zur Burg hin, bis man schließlich vor einem schmalen Durchgang steht, durch den jeweils immer nur ein potenzieller Angreifer hindurch passt. Genützt hat es den Chachapoyas letztendlich wenig, denn auch sie wurden am Ende, wie beinahe alle anderen Andenvölker zwischen Süd-Kolumbien und Nord-Chile, von den Inka besiegt und unterworfen. Die Fahrt mit der Seilbahn zurück ins Tal ist dann schließlich nicht weniger beeindruckend, denn nun schaut man direkt in den gähnenden Abgrund hinein.
Unten angekommen, suchen wir uns ein schnuckeliges Wild-Camp an einem Flusslauf und nehmen am nächsten Tag eine weitere Stätte der Chachapoyas in Angriff.
Die Nekropole Revash ist eine alte Begräbnisstätte, die in Form von kleinen Häusern quasi direkt in die steile Felswand gemauert wurde, um dort die mumifizierten Toten beizusetzen.
In der Gegend hier gibt es zahlreiche solcher Orte und auf dem weiteren Weg können wir uns schließlich in Leymabamba in einem kleinen Museum die Mumien anschauen, die in einem Mausoleum an einer nahegelegenen Lagune gefunden wurden.
Die weitere Fahrt gen Süden über die „PE-08B“ wird spannend. Das kleine Sträßchen ist mehr oder minder ordentlich asphaltiert, aber dafür nur einspurig befahrbar. Hier und da finden sich dann kleine Buchten, in denen man dem Gegenverkehr ausweichen kann. Dabei fährt man dann beinahe permanent an einem bis zu 1.000 Meter tiefen, steilen Abhang entlang. Der kleine Nervenkitzel wird dann noch durch eine atemberaubende Andenlandschaft ergänzt.
Eine unglaublich schöne Strecke, die uns schlussendlich bis nach Cajamarca führt, der Wirkungsstätte des letzten freien Inkaherrschers, Atahualpa. Hier stand sein Thron und hier wurde er von den spanischen Invasoren gefangen genommen und schließlich auf Befehl von Francisco Pizarro hingerichtet, womit das Ende der Inkaherrschaft in Südamerika besiegelt war.
Wir schnaufen in Cajamarca einmal kurz durch und nutzen die Gelegenheit, um unsere Vorräte noch einmal aufzustocken, denn in den nächsten Tagen geht es weiter hinein und weiter hinauf in die steilen Berge der Anden.