Südamerika Brasilien

Auf der Spur des Jaguar durchs Pantanal

19.07.2019 – 02.08.2019

Auf der Spur des Jaguar durchs Pantanal

Die 300 km Rüttelpiste entlang der bolivianisch-brasilianischen Grenze findet ihr Ende in San Matias. Die Ausreise ist wie immer schnell gemacht und auch die gefürchtete Lebensmittelkontrolle auf der brasilianischen Seite ist nicht der Rede wert. Allerdings schickt uns der Grenzer zur Einreiseprozedur gleich weiter ins nicht gerade nahe gelegene Cáceres. Da das aber eh auf unserem Weg liegt, ist das nicht weiter tragisch. Wir merken aber schon hier, dass wir in nächster Zeit doch erhebliche Probleme mit der Verständigung haben werden, dann ab nun wird Portugiesisch gesprochen. Und das hört sich für unsere Ohren eher an wie eine genuschelte Mischung aus Französisch und Polnisch. Die freundliche Dame der Polizeistation in Cáceres, an der wir die Einreisestempel in den Pass bekommen, spricht überraschenderweise noch ganz gutes Englisch. Das war es dann aber auch schon. Der ebenfalls freundliche Herr vom Zoll, der die Fahrzeugeinfuhr erledigen soll, spricht nur Portugiesisch. Glauben wir zumindest, denn wir verstehen nur Bahnhof. Da hilft auch keine Übersetzungs-App mehr. Zu allem Überfluss gibt er uns dann auch noch zu verstehen, dass er die Papiere heute eh nicht mehr fertig machen kann. Wir bekommen allerdings nicht heraus warum….

Er will aber schon mal alles vorbereiten und bittet um die notwendigen Dokumente. Die nächsten eineinhalb Stunden verbringen damit, darauf zu warten, dass der Herr ganze drei Daten in das „temporary import permit“ TIP übertragt.

 

  1. Die Nummer des Reisepasses vom Fahrzeughalter
  2. Das Kennzeichen des Autos
  3. Den Wert des Fahrzeuges

 

Kein Scherz, er bekommt es nicht hin. Jedes Mal stimmt etwas anderes nicht. Langsam kristallisiert sich auch heraus, warum wir die Dokumente heute eh nicht ausgehändigt bekommen. Der einzig Unterschriftenberechtigte ist heute nicht Haus!!! Echt jetzt?

Wir hatten so oder so eine Nacht in Cáceres eingeplant, aber irgendwie ist das schon ein bisschen…, naja.

Da der gute Mann es tatsächlich nicht hin bekommt, die Daten richtig in sein Formular einzugeben, ziehen wir erstmal ab und verbringen den Rest des Tages mit dem Versuch, an Bargeld zu kommen. Es bleibt bei dem Versuch, oder besser gesagt, bei vielen Versuchen. Und zwar erfolglosen. Keine der Automaten der Stadt ist gewillt, uns brasilianische Real auszuspucken, oder Reais, wie der Brasilianer sagt. Von dem Problem sind wir scheinbar nicht alleine betroffen, denn im Netz stößt man häufiger auf dieses Problem in der Region hier. Günstiger Weise scheint Brasilien eine Kreditkarten-Nation zu sein und so kann man auch im hintersten Busch mit Plastik bezahlen. Ein besonderer Freund bin ich davon trotzdem nicht, denn spätestens an der Tankstelle hätte ich gerne zumindest für den Notfall so viel Bares in der Tasche, wie ich in den Tank einfüllen möchte, fühlt sich einfach besser an.

An einer Hotelrezeption können wir zumindest mal den ersten Schwung Bargeld bekommen. Die freundliche Dame gibt einfach 500 Reais in ihren kleinen Elektrokasten ein und schwupps, haben wir Bargeld in der Hand. Verrückte Welt. Außerdem können wir unsere restlichen Bolivianos in einer Zahnarztpraxis tauschen. Fragt besser nicht, wie es dazu gekommen ist…

Schließlich und letztendlich bekommen wir dann auch noch das Fahrzeug ordnungsgemäß ins Land eingeführt. Der Chef des Zolls ist heute anwesend und macht ein leicht betretenes Gesicht ob der Tatsache, dass wir einen Tag auf ihn warten mussten. Der freundliche Herr von gestern bekommt noch einmal die Gelegenheit, die Daten korrekt in sein Formular einzugeben, und dieses schließlich dem Chef zur Unterschrift vorzulegen. Wir sind nicht überrascht, dass er auch diese Chance verstreichen lässt und wieder einen Fehler einbaut. Letztendlich regelt der Boss die Angelegenheit selbst und wir können die Reise fortsetzen.

Wir steuern das Pantanal an und entgegensetzt unserer ursprünglichen Planung von Norden her kommend. Eigentlich wollten wir über Curumba einreisen und von dort mit einem Frachtkahn über den Rio Paraguay nach Porto Jofre verschiffen. Die Angelegenheit ist allerdings unter Anderem doch recht kostspielig und so haben wir umdisponiert.

Wildromantische Transpantaneira, Pantanal, Brasilien 2019
Abenddämmerung an der Transpantaneira, Pantanal, Brasilien 2019
Die sehen hier alle gleich aus, Transpantaneira, Pantanal, Brasilien 2019

Das Pantanal ist ein großes Sumpfgebiet in der Grenzregion zwischen Bolivien, Paraguay und Brasilien. Für die Landwirtschaft weitestgehend uninteressant, weil einfach zu matschig. Lediglich Rinderbarone können hier in einigen Regionen ihr Vieh halten, aber tiefer drin im Sumpf ist es noch wild und ursprünglich. Und genau da wollen wir hin. Und zwar über die so genannte „Transpantaneira“, einer Schotterpiste, die kurz hinter dem Goldgräber Örtchen Poconé beginnt und mit einigem Aufwand 145 km weit in den Sumpf hinein aufgeschüttet wurde, bis nach Porto Jofre. Stellt sich die Frage: Wozu der ganze Aufwand mit der Straße in den Sumpf? Genau das haben wir mal einen Einheimischen gefragt. Vermutlich ist bei der Übersetzung vom Portugiesischen ins Englische und dann weiter ins Deutsche das ein oder andere Detail auf der Strecke geblieben, also nagelt uns nicht drauf fest. Wir haben folgenden Sachverhalt verstanden. Der brasilianische Bundesstaat Mato Grosso wollte eine Verbindungsstraße zwischen Poconé und Corumba schaffen und startete das Projekt „Transpantaneira“. Zunächst wurde das Teilstück bis Porto Jofre fertig gestellt und die angesprochenen ca. 145 km Schotterpiste wurden mitten im Sumpf aufgeschüttet. In Porte Jofre angekommen wurde der Weiterbau dann erstmal vom Rio Cuiabá aufgehalten. Zwischenzeitlich wurde Mato Grosso anscheinend in die Staaten Mato Grosso und Mato Grosso do Sul aufgeteilt. Und weil die Piste in der Regenzeit erheblichen Ärger verursacht, wollte keiner der beiden Staaten die Kosten für den Weiterbau übernehmen. Auch die (je nach Quelle) 120 bis 122 hölzernen Brücken bedürfen der regelmäßigen, kostspieligen Fürsorge. Somit wurde der südliche Teil der Transpantaneira nach Corumbá bis heute noch nicht fertig gestellt. Somit ist die derzeitige Schotterstraße eine Sackgasse und hat somit keinen Durchgangsverkehr. Die Tourismusbranche allerdings hat den Wert der Region bereits vor einiger Zeit erkannt und somit floriert der Fremdenverkehr auf der Transpantaneira.

Einfahrt zur Transpantaneira, Pantanal, Brasilien 2019

Wir passieren also das berühmte Holzschild an der Zufahrt und tuckern wiedermal im Safaritempo über die Schotterpiste. Die ersten Kaimane, Wasserschweine und Jabirus lassen nicht lange auf sich warten. Ungezählte weitere Vogelarten gibt es zu bestaunen, die wir gar nicht alle identifizieren können. Und gleich am ersten Abend haben wir ganz besonders Glück und sehen unseren ersten großen Ameisenbären, wenn auch recht weit entfernt.

Der erste Ameisenbär ist noch sehr weit entfernt, Transpantaneira, Pantanal, Brasilien 2019

Das erste Camp schlagen wir unweit einer der Holzbrücken auf und lauschen dem Konzert der Frösche, Vögel und sonstigen Kreaturen, die um unser Auto schleichen. Früh am nächsten Morgen gehen wir gleich wieder auf Pirsch und es dauert nicht lange bis wir den ersten Erfolg verzeichnen können. Eine kleine dunkle Katze hockt im Gestrüpp und nagt an einem erlegten Vogel. Allerdings entzieht sie sich sofort unseren Blicken und während wir angestrengt ins Gebüsch blicken entgeht uns beinahe das verwirrte Tapir, das da plötzlich vor unserem Auto steht. Wahrscheinlich fragt es sich gerade, was das große blaue Ding mitten auf dem Weg macht, denn leicht verunsichert „rüsselt“ es in unsere Richtung. Scheinbar kommen wir ihm unheimlich vor und schließlich zieht es von Dannen. Die Rinderzüchter hier in der Gegend verwenden keinen Stacheldraht für ihre Weidezäune, sondern nur einfachen Runddraht. Der stellt für die Tierwelt weder Bedrohung noch Hindernis da und ist für sie relativ leicht zu überwinden. So auch für dieses Tapir, dass kurz darauf vom Buschwerk verschluckt wird.

Tapir im Morgenlicht, Transpantaneira, Pantanal, Brasilien 2019

Der Tag fängt schon mal gut an und setzt sich auch so fort. Auf dem Weg Richtung Süden entdecken wir Kapuzineraffen und auch einen Schwarm der seltenen Hyazinth-Aras. Wie alle Papageienarten, scheinen auch die großen dunkelblauen Vögel mit den gelben „Akzenten“ sehr geschwätzig und sind permanent am „Schnattern“. Diese hier halt etwas lauter als alle Anderen.

Kapuzineraffe, Transpantaneira, Pantanal, Brasilien 2019
Hyanzinth-Ara, Transpantaneira, Pantanal, Brasilien 2019

Wir machen Halt an einer Pousada (Gästebetrieb), die auch Touren mit dem Boot tiefer hinein ins Pantanal anbietet. Praktisch die einzige verlässliche Chance einen Jaguar zu Gesicht zu bekommen.

Kurze Reparaturpause, Transpantaneira, Pantanal, Brasilien 2019

Wir können allerdings erst Übermorgen mit an Bord. Macht im Grunde genommen nix, haben wir noch die Gelegenheit die Straße ein wenig auf eigene Faust zu erkunden. Es gibt links und rechts des Weges viel zu entdecken und somit nehmen wir die ca. 120 Brücken bis nach Porto Jofre auf uns. Teilweise sind die Holzkonstrukte in desolatem Zustand und stellenweise werden sie bereits durch langlebigere Betonbrücken ersetzt.

Eine von ca. 122 Brücken, die hier im guten Zustand, Transpantaneira, Pantanal, Brasilien 2019
Die hier in weniger guten Zustand, hat aber auch noch gehalten, Transpantaneira, Pantanal, Brasilien 2019
Ein bisschen schief, geht aber auch noch, Transpantaneira, Pantanal, Brasilien 2019

Porto Jofre an sich muss man nun nicht unbedingt gesehen haben. Wir bleiben trotzdem für eine Nacht auf dem hiesigen „Jaguar Camp“. Das einzige bezahlte Camp während der gesamten Woche im Nordpantanal. Am nächsten Morgen entdecken wir an einer der maroden Brücken einen Riesenotter. Die Einstellungen der Kamera stehen aber noch auf den Werten des Vortages und somit bekommen wir kein präsentationswürdiges Foto zustande; Fotografenschande….

Man könnte argumentieren: „Das Foto fängt die Dynamik des Tieres ein“, Transpantaneira, Pantanal, Brasilien 2019

 

Am späten Nachmittag schlagen wir dann wieder bei der Pousada auf und buchen uns für die Tour am kommenden Tag ein. Für die kommenden zwei Nächte können wir unter einem großen Baum in der Nähe campieren.

Warum Papageien Kopfstehen? Na, weil sie’s können, Transpantaneira, Pantanal, Brasilien 2019

Früh am Morgen geht es los zurück nach Porto Jofre und dort auf ein kleines Motorboot mit Außenborder. Die Guides kennen die Flussläufe natürlich genau und schon bald stoppen wir bei einer ganzen Familie von Riesenottern. Die scheinen hier im Paradies zu leben, denn sobald die Kleinen nach Futter quäken brauchen die Eltern nur kurz vor die „Haustür“ schwimmen und schon kommen sie mit einem Fisch im Maul zurück. Trotz ihrer Größe wirken die Otter quirlig und elegant und da wir einen gewissen Respektabstand einhalten, lassen sie sich in ihrem Tagesgeschäft auch nicht stören.

Auf geht’s zur Jaguar-Pirsch, Rio Cuiaba, Pantanal, Brasilien 2019
Riesenotter-Familie, Rio Cuiaba, Pantanal, Brasilien 2019

Wir sind noch keine halbe Stunde unterwegs, als unser Skipper das erste Mal den Gashebel des Bootes nach vorne schmeißt. Es sind einige Boote unterwegs, die per Funkgerät in Verbindung stehen und scheinbar haben wir gerade die erste Sichtung eines Jaguars mitgeteilt bekommen. Am Ort des Geschehens angekommen staunen wir nicht schlecht, denn es sind ca. 20 dieser kleinen Motorboote im Wasser. Wir hätten es uns etwas „intimer“ gewünscht, aber scheinbar ist die Hauptsaison nicht der richtige Zeitpunkt dafür. Wir erspähen unsere erste, im Fluss schwimmende, gefleckte Raubkatze. Ein großer Kater paddelt da im Strom des Rio Cuiabá und lässt sich von dem Rummel überhaupt nicht beeinflussen.

Der erste Kater, Rio Cuiaba, Pantanal, Brasilien 2019
Ein recht guter Schwimmer, Rio Cuiaba, Pantanal, Brasilien 2019

Eine ganze Zeit lang lässt er sich flussabwärts treiben und entsteigt dann ganz gemächlich den Fluten, um im dichten Buschwerk zu verschwinden. Donnerwetter, ein kapitaler Bursche. Er ist der erste von drei Jaguaren, die wir heute zu Gesicht bekommen. Wenig später entdecken wir eine Katze, die entlang einer Sandbank schreitet.

Eine hungrige Katze, Rio Cuiaba, Pantanal, Brasilien 2019

Scheinbar ist sie auf der Jagd und wir beobachten sie ein Weilchen. Irgendwann verschwindet sie im Gestrüpp der Uferböschung und die meisten Boote ziehen von Dannen. Unser Skipper pilotiert unser Boot um die nächste Biegung und an einer weiteren Sandbank beobachten wir zunächst einen recht großen Kaiman, als unsere Katze am gegenüberliegenden Ufer auftaucht. Sie durchquert den Flusslauf und schleicht hinter der Sandbank entlang in Richtung des Kaimans. Wir warten gespannt, ob sie tatsächlich angreifen wird und werden belohnt. Tief geduckt und gespannt wie eine Feder schnellt sie hinter ihrer Deckung hervor und sprintet in Richtung Kaiman. Der hat den Braten aber längst gerochen und spurtet seinerseits ins rettende Wasser. Als die Jaguardame mit einem riesigen Platscher in die Fluten springt, ist die potenzielle Beute längst entschwunden. Leicht bedröppelt und tropfnass sitzt sie da und schaut dem Reptil hinterher.

Die potenzielle Beute, Rio Cuiaba, Pantanal, Brasilien 2019
Kein Jagderfolg, Rio Cuiaba, Pantanal, Brasilien 2019

Lange hält sie sich mit dem Verlust aber nicht auf. Als wäre es für eine Katze das Normalste der Welt schwimmt sie noch mehrfach durch die Wasserläufe und peilt als nächstes eine Gruppe Wasserschweine an. Die haben weniger was mit Hausschweinen, als vielmehr mit Meerschweinchen gemein, denn sie sind die größten Nagetiere des Planeten und können bis zu 75 kg schwer werden. Also eine durchaus lohnende Beute. Allerdings kommt die Raubkatze auch hier nicht zum Zuge. Auch ein weiterer Versuch, Kaimane zu erbeuten schlägt fehlt, weil sich die „elegante“ Dame beinahe im tiefen Morast festmanövriert. Alles hoch interessant zu beobachten, aber satt wird sie davon nicht.

Das nächste Anschleichmanöver, Rio Cuiaba, Pantanal, Brasilien 2019
Endet im tiefen Matsch, Rio Cuiaba, Pantanal, Brasilien 2019

Wir wünschen ihr noch viel Glück bei der Jagd und ziehen derweil weiter zur nächsten Raubkatze. Ein weiteres großes Männchen liegt auf einer Sandbank und scheint sich zu entspannen. Allerdings können wir schon wenig später erkennen, dass es verletzt ist, denn es lahmt mit einer Vorderpfote. Vermutlich hat eines seiner potenziellen Opfer, ein Kaiman, den Spieß umgedreht und den Jaguar bei seiner Attacke verletzt. So grausam ist die Natur. Wenn der Kater nicht bald wieder auf den Beinen ist, wird er wohl verhungern.

Der nächste große Kater, Rio Cuiaba, Pantanal, Brasilien 2019
Kann wegen verletzter Pfote nicht jagen, Rio Cuiaba, Pantanal, Brasilien 2019

Wir dümpeln noch durch einige kleinere Flussarme und entdecken dabei einiges an Getier. So auch ein Reptil, das irgendwo zwischen Krokodil und Waran stecken geblieben zu sein scheint.

Kaiman-Echse? Rio Cuiaba, Pantanal, Brasilien 2019
Noch so’n komischer Vogel, Rio Cuiaba, Pantanal, Brasilien 2019

Auch wenn unsere Jaguartour etwas touristischer war, als uns lieb gewesen wäre, sind wir doch am Ende recht zufrieden und setzten unsere Route wieder auf eigene Faust fort und treffen am folgenden Morgen gleich auf eine ganze Tapirfamilie inkl. Nachwuchs. Das Kleine ist wirklich putzig anzusehen, wie es da steht und ganz nach dem Vorbild der Erwachsenen in unsere Richtung „rüsselt“.

Tapirfamile im Morgengrauen, Transpantaneira, Pantanal, Brasilien 2019

Wir halten uns noch ein paar Tage auf der Transpantaneira auf und treffen bei einer Kaffeepause auf einen Gesellen, den wir hier so nicht erwartet hätten, einen asiatischen Wasserbüffel. Wenig später finden wir auch heraus, was es mit ihm auf sich hat, denn so selten ist er hier mittlerweile gar nicht mehr. Das Ganze ist Teil eines Jaguarschutzprojektes und funktioniert folgendermaßen. Das Pantanal teilen sich die Wildtiere mit dem Nutzvieh der Farmer. Da kommt es schon mal vor, dass sich ein Jaguar an den Rindern der Farmer vergreift. Anstatt den Jaguar zu schießen, stellt man nun einen oder gleich mehrere der Wasserbüffel mit auf die Weide. Das Wildrind ist nämlich durchaus in der Lage, sich seiner Haut zu wehren. Eine Fähigkeit, die dem Hausrind wohl abgezüchtet wurde. Greift nun der Jaguar die Rinder an, schlägt ihn der Büffel in die Flucht. Ziemlich clever und scheinbar funktioniert es auch ganz gut. Denn wir werden noch einige der asiatischen Einwanderer hier sehen.

Wasserbüffel sind Teil eines Jaguar-Schutzprojektes, Transpantaneira, Pantanal, Brasilien 2019
Wildcamp irgendwo im Busch, Transpantaneira, Pantanal, Brasilien 2019
Fußabdruck des Nachbarn, Transpantaneira, Pantanal, Brasilien 2019
Nicht näher identifizierte Affenbande mit Nachwuchs (ganz links), Transpantaneira, Pantanal, Brasilien 2019
Kaimane gibt’s hier millionenfach, Transpantaneira, Pantanal, Brasilien 2019
Gute Tarnung geht anders, Transpantaneira, Pantanal, Brasilien 2019

Nach gut einer Woche verlassen wir die Transpantaneira wieder in Richtung Norden und scheinen dafür auch einen ganz guten Zeitpunkt gefunden zu haben. Denn während es die letzten Tage durchgehend heiß und sonnig war, fehlen eines Morgens einfach mal etwa 20°. Ein Kälteeinbruch, der daran erinnert, dass auf dieser Seite des Erdballs gerade Winter ist. Wir fahren in Richtung Cuiabá, der Provinzhauptstadt und entschließen uns spontan, auch gleich hindurch zu fahren. Einen Moloch mit Wolkenkratzern hätten wir hier nun wirklich nicht erwartet. Über den Nationalpark Chapada dos Guimaraes gelangen wir in den gleichnamigen Ort, der uns schon etwas besser gefällt. Im Dorf scheint gerade Schützenfest oder Kirchweih zu sein. Zumindest findet in der „Stadthalle“ gerade eine Megasause statt. Gleich nebenan, im Stadtpark, sitzen die roten Aras friedlich im Baum, knabbern Nüsse und lassen sich von dem Remmidemmi nicht stressen. Auf dem Camp treffen wir auf ein englisches Paar, die gerade die ursprünglich von uns geplante Verschiffung von Corumba nach Porto Jofre hinter sich gebracht haben. Laut ihren Erzählungen recht unkompliziert zu arrangieren und durchaus lohnenswert. Vermutlich wären wir sogar mit ihnen zusammen übergesetzt. Aber wie bereits erwähnt mit $500 (US Dollar) nicht ganz günstig. Dafür ist man dann aber auch zweieinhalb Tage auf dem Fluss unterwegs. Vielleicht beim nächsten Mal….

Wir peilen wieder Richtung Süden und machen uns auf den Weg zum Südpantanal. Dabei durchqueren wir wieder riesige Farmen. Wer schon immer mal in Mitten eines gigantischen Baumwollfeldes stehen und in jede Richtung bis zum Horizont nur weiße Wattebäuschchen sehen wollte, kann sich hier seinen Traum erfüllen, sagenhaft.

Baumwolle bis zum Abwinken, Brasilien 2019

Leider musste dafür bereits eine Menge Regenwald dran glauben und das Brandroden geht weiter. Mittendurch zieht monoton und autobahngleich die vierspurige R163. Etwas Abwechslung bieten nur hier und da die Nandus, die die abgeernteten Felder nach Fressbarem absuchen. Ganz schön groß die Exemplare hier, ob das am genmanipulierten Mais liegt? Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

Wir entgehen der Monotonie der Teerstraße, indem wir zwischen Coxim und Rio Verde wieder auf kleinere Schottersträßchen ausweichen. Von hier wollen wir versuchen, uns in Richtung Südpantanal vorzuarbeiten. Dazu muss man in der Gegend hier über die Farmen der Rinderbarone fahren und dabei auch einige ihrer Farmtore queren. Goldene Regel: Ein Tor immer so hinterlassen, wie man es vorgefunden hat. Ist es geschlossen, verschließt man es auch nach dem Passieren wieder. Ist es offen, bleibt es auch offen, das ist so gewollt. Wer sich daran hält, hat auch von den Farmern nichts zu beführen, denn die Wege hier über ihren Grund und Boden sind im Normalfall offizielle Straßen.

Capibaras und Rindviecher, Südpantanal, Brasilien 2019
Kapitale Wasserbüffel, Südpantanal, Brasilien 2019

Das Pantanal ist an drei Seiten von Höhenzügen umgeben und das Wasser der Flüsse kann nur über den Rio Paraguay abfließen. Daher staut sich in der Regenzeit das Wasser ordentlich an und die Wege sind nur bedingt befahrbar. Jetzt in der Trockenzeit liegen die meisten Strecken über dem Wasserspiegel und sind ganz gut zu meistern. Je weiter man in Richtung Sumpfgebiet vordringt, desto sandiger wird es allerdings. Also bietet es sich an, den Reifendruck dementsprechend abzulassen. Auch das GPS liegt nicht immer richtig, aber mit ein wenig Geduld findet man den richtigen Weg. Diese Gegend ist bekannt für die recht hohe Wahrscheinlichkeit, einen der urigen großen Ameisenbären aus der Nähe betrachten zu können. Wir erspähen zunächst aber noch ein Tapir im Morgengrauen, das völlig ungerührt über eine Rinderweide stolziert.

Tapir beim morgentlichen Spaziergang, Südpantanal, Brasilien 2019
Nandus, Südpantanal, Brasilien 2019
Der hat schon ein paar Jahre auf Buckel, Südpantanal, Brasilien 2019
Fuchs mit Nachwuchs, Südpantanal, Brasilien 2019

Füchse, Pekaris (eine Wildschweinart) und sogar Eulen sind hier keine Seltenheit. Und eines Morgens werden wir von dem ohrenbetäubenden Lärm einer Brüllaffenbande geweckt. Wer es nicht mit eigenen Ohren gehört hat, kann es kaum glauben, dass diese Geräuschkulisse von Tieren verursacht werden kann, das ist wirklich beängstigend. Wenig später sehen wir sie dann im Baum über uns sitzen, als wir eines der Farmtore passieren. Jetzt sind sie allerdings mucksmäuschenstill, fast schüchtern.

Campen ist hier kein Problem, Südpantanal, Brasilien 2019
Brüllaffen-Mann und Nachwuchs, Südpantanal, Brasilien 2019

Der Tag fängt mal wieder gut an und wird sich auch so fortsetzen, denn heute ist Ameisenbärentag. Die Strecke wird also ihrem Ruf gerecht. Und bis zur Abenddämmerung sind es ganze fünf dieser merkwürdigen Termitenfresser geworden, die wir vor die Linse der Kamera bekommen. Die Strecke wird also ihrem Ruf gerecht.

Ameisenbär auf Streifzug, Südpantanal, Brasilien 2019
Nasenbär, Südpantanal, Brasilien 2019
Eule oder Kauz? Südpantanal, Brasilien 2019

Außerdem spüren wir noch mehrere Nasenbären und Tamanduas auf, die kleinen Verwanden der großen Ameisenbären. Der Star des Tages ist allerdings eine Ameisenbärenmutter, bzw. ihr Junges, dass sie Huckepack durch die Gegend trägt. Ein faszinierender Anblick. So ein Ameisenbär an sich ist ja schon ein skurriler Anblick, mit seiner langen, röhrenartigen Schnauze mit dem winzigen Maul und er knuffigen Nase an der Spitze. Und hier haben wir auch noch die Miniaturausgabe des Ganzen vor Augen, der Hammer. Auch am nächsten Tag laufen uns noch ein paar dieser Tiere über den Weg und wir sind jedes Mal aufs Neue fasziniert.

Gürteltier, Südpantanal, Brasilien 2019
Kleiner Ameisenbär, Südpantanal, Brasilien 2019
Großer Ameisenbär, Weibchen mit Jungtier, Südpantanal, Brasilien 2019
Heute glüht mal wieder der Himmel, Südpantanal, Brasilien 2019

Wir machen noch einen Zwischenstopp in der alt-ehrwürdigen Parque Lodge, die ihre besten Zeiten zwar bereits hinter sich hat, aber trotzdem ganz nett am Rio Miranda gelegen ist. Lange Holzstege führen hier durch den Sumpf. Die Bohlen sind teilweise schon etwas morsch und knarzen ganz ordentlich und einer der Stege ist gleich ganz gesperrt.

Parque Lodge, Südpantanal, Brasilien 2019
Über alte Stege durch den Sumpf, Parque Lodge, Südpantanal, Brasilien 2019
Sieht zwar aus wie ein kleiner Tukan, ist aber keiner, Südpantanal, Brasilien 2019

Auch hier werden wir morgens vom Theater der Brüllaffen geweckt und wenig später können wir sie vom Bett aus durch die Fotoluke beobachten, wie sie über unser Auto hinweg durch die Baumkronen klettern. Bevor aber der Schlaf aus den Augen gerieben und die Kamera im Anschlag ist, ist die Bande schon längst weiter gezogen. Wir erwischen sie etwas später nur in einer etwas größeren Entfernung. Eine recht große Gruppe sitzt, hängt und turnt da im Blätterdach durch die Gegend.

Brüllaffenbande, Südpantanal, Brasilien 2019
Hängt entspannt ab, Südpantanal, Brasilien 2019
Mutter mit Kind, Südpantanal, Brasilien 2019

Auf der weiteren Route bleibt es dann bei dem Versuch, das Südpantanal zu queren. Dabei sind nicht die tiefsandigen Wege das Problem. Wir bleiben in einem der Schlammlöcher hängen und fahren uns sogar darin fest. Zwar sind wir mit Hilfe unserer orangen Bergehilfen recht flott wieder draußen, aber bei der Erkundung des Geländes zu Fuß müssen wir uns eingestehen, dass es hier für uns kein Weiterkommen gibt. Würde das Gelände noch unter Wasser stehen, wäre es vielleicht noch befahrbar, jetzt allerdings ist hier an einigen Stellen nur noch eine tiefe morastige Pampe.

Trotz (oder vielleicht gerade wegen) der Trockenzeit festgefahren, Südpantanal, Brasilien 2019
Überwiegend sieht es hier aber so aus, Südpantanal, Brasilien 2019
oder so, Südpantanal, Brasilien 2019

Also reißen wir das Steuern rum und sind mehr als zufrieden mit unserem Ausflug ins Pantanal. Endlich mal wieder echtes Safari-feeling.

 

 

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