Südamerika Kolumbien

Cartagena, die Perle der Karibik

27.04.2019 – 10.05.2019

Cartagena, die Perle der Karibik

Es ist an der Zeit endlich weiter zu rollen. Wir schicken uns also an, den letzten Schritt in Richtung Norden anzugehen, an die Karibikküste Kolumbiens. Es geht wieder über die wunderschöne Strecke nach Bucaramanga, vorbei am Chicamocha Canyon. Kurz hinter Bucaramanga fällt die Straße zum Tiefland hin ab. Die magische Grenze scheint sich bei etwa 1.000 Höhenmeter zu befinden. Alles was darunter liegt, wird sofort unangenehm heiß und schwül. Wir bewegen uns ab jetzt auf nur noch 100 Metern bis Meereshöhe, also rinnt der Schweiß in Strömen. Durch das Tiefland des Rio Magdalena kommt man für südamerikanische Verhältnisse recht zügig voran. Trotzdem brauchen wir für die Strecke bis an die Küste zwei Tage. Dabei ist die Cordillera Oriental unser ständiger Begleiter und fast durchgängig aus dem Beifahrerfenster zu sehen. Die Anden teilen sich in Kolumbien in drei Gebirgszüge auf. Die Cordillera Occidental, in der Nähe der Pazifikküste, die Cordillera Central, wie der Name verrät mittig gelegen und eben die recht massive Cordillera Oriental, die bis fast zur Karibikküste hinauf reicht und erst kurz vorher in Richtung Venezuela abbiegt. Ganz im Norden steht dem Gebirgszug noch die Sierra Nevada de Santa Marta beinahe wie ein Stück Toblerone vor. Mit ihrem höchsten Berg, dem Pico Cristóbal Colón, schwingt sie sich auf beachtliche 5.775 Meter.

Gegenverkehr, Kolumbien 2019

 

Unser nächstes Ziel ist Minca und liegt am Nordrand der Sierra Nevada. Warum nun ausgerechnet dieses kleine Nest von so vielen Backpackern heimgesucht wird, bleibt für uns ungeklärt, denn besonders schön ist Minca eigentlich nicht. Beinahe jedes Haus wurde hier entweder in ein Hostel oder ein Restaurant umfunktioniert. Schon morgens um halb sieben werden die Touristen busse-weise hinauf zum Pozo Azul gekarrt, einer Folge von Wasserfällen, in deren Becken man baden kann. Wir sparen uns den Rummel und baden lieber im camp-eigenen Naturpool im Flusslauf. Danach gönnen wir unserem Buschtaxi mal wieder ein wenig Auslauf und scheuchen es durch die Berge über enge und schlammige Pisten.

Minca, Kolumbien 2019
in der Sierra Nevada de Santa Marta, Kolumbien 2019
in der Sierra Nevada de Santa Marta, Kolumbien 2019

Den Abend verbringen wir mit Heiko und Geli, die ihr Auto tatsächlich noch rechtzeitig im Hafen von Cartagena abgegeben haben und die letzten Tage ihres Südamerika Abenteuers hier in Minca verbringen. Mittlerweile sehen die Beiden ja recht entspannt aus, aber die letzten Wochen hatten doch einiges an Spannung parat. Erst die Straßenblockaden der Indigena, aufgrund derer sie in Popajan festhingen, und dann hatte kurz vor Ende auch noch das Auto schlapp gemacht…. Es gibt also viel zu erzählen und schließlich müssen wir uns von den Beiden endgültig verabschieden.

Wir lassen Minca hinter uns und fahren aus der Sierra Nevada hinunter ans Meer.

 

Am 29.11.2018 standen wir am Cabo Froward, dem südlichsten Punkt des amerikanischen Festlandes und auch das letzte Mal am dort eiskalten Atlantik. Am 30.04.2019, fast genau fünf Monate später, stecken wir am gegenüberliegenden Ende des Kontinents die Füße ins lauwarme Wasser der Karibik. Die letzten Meter hinauf zum Punta Gallinas, dem tatsächlich nördlichsten Punkt Südamerikas, sparen wir uns. Irgendwie reizt uns diese Landmarke nicht wirklich. Der Nördlichste Punkt Nordamerikas schon eher, aber der ist auf dieser Reise nicht mehr realisierbar.

Auf dem Camp in der Nähe des Tayrona Nationalparks, treffen wir rein zufällig noch Alex und Christine aus der Nähe von Regensburg wieder. Auch die Beiden stehen kurz vor der Vollendung ihrer Südamerikareise und werden in den nächsten Tagen ihr Wohnmobil im Hafen von Cartagena zur Verschiffung abgeben. Wir verbringen ein paar entspannte Tage am Strand unter Palmen (inkl. gehörigem Sonnenbrand) und holen schließlich zum letzten großen Kurswechsel unserer Reise aus.

Karibikstrand in Nähe des Tayrona Nationalparks, Kolumbien 2019
Karibikstrand in Nähe des Tayrona Nationalparks, Kolumbien 2019
Sonnenuntergang in der Nähe des Tayrona Nationalparks, Kolumbien 2019
Sonnenuntergang in der Nähe des Tayrona Nationalparks, Kolumbien 2019
Camping am Karibikstrand, Kolumbien 2019
Camping am Karibikstrand, Kolumbien 2019

Ab jetzt geht’s wieder in Richtung Süden. Zunächst steuern wir mit Cartagena die Perle der Karibik an und machen noch einen kleinen Zwischenstopp an einem Kuriosum. Der Vulkan Totumo steht unweit der Küste an einem See und ist vorsichtig ausgedrückt rein äußerlich nicht besonders beeindruckend. In seinem kleinen Krater allerdings findet sich eine zähe Pampe aus dickflüssigem Schlamm in dem man baden kann, wenn man denn will. Da dem Zeugs heilende Kräfte nachgesagt werden, kanns ja schließlich nicht schaden. Wie weit es nun unter einem in die Tiefe geht, muss einen dabei nicht weiter kümmern, denn in dem lauwarmen Schlamm schwimmt man wie ein Korken, untergehen unmöglich. Den Schlamm wäscht man sich nach dem Bad ganz einfach im nahegelegen See wieder ab.

Vulkan Totumo, Kolumbien 2019
Schlammbad im Tatumo Vulkankrater, Kolumbien 2019

 

Wir erreichen Cartagena schließlich von Norden her und suchen uns ein Quartier, das auch unser Buschtaxi sicher beherbergen kann und von dem aus wir die Altstadt fußläufig erreichen können. Die Geschichte der Stadt liest sich wie gleich mehrere Hollywood Blockbuster auf einmal. Die Spanier haben von hier aus geraubtes Gold in unvorstellbaren Mengen gen Europa verschifft. Im Gegenzug dafür wurden Abertausende Sklaven importiert. Der legendäre Reichtum wurde der Stadt aber mehrfach zum Verhängnis, denn über Jahrhunderte wurde sie diverse Male von Piraten und Freibeutern überfallen, belagert und eingenommen. Einer der legendärsten Stadteroberer war kein geringerer als Sir Francis Drake (faszinierende Geschichte). Den Spaniern hat es dann schließlich irgendwann einmal gereicht und mit dem Castillo de San Felipe de Barajas wurde eine gigantische Festung erbaut, die sich im Folgenden als tatsächlich uneinnehmbar erwies.

Castillo de San Felipe de Barajas, Cartagena, Kolumbien 2019

Ein Spaziergang durch die Stadt ist beinahe wie eine kleine Zeitreise. Draußen vor der Altstadt stehen die modernen Apartmenthäuser im Wolkenkratzerstil, aber innerhalb der dicken Stadtmauern lebt die koloniale Vergangenheit von Cartagena. Wir haben sogar noch zusätzlich Glück und werden Zeuge einer Tanzdarbietung auf dem alten Sklavenmarkt. Gleich mehrere Gruppen zeigen hier typische Tänze aus der Region. Angefangen bei den ganz Kleinen, die noch nicht ganz so im Takt sind, bis hin zu den jungen Erwachsenen, die „den Laden“ ganz schön rocken.

Alte Festung, neue Welt, Cartagena, Kolumbien 2019
Nein, sie ist nicht dick, der Künstler spielt nur mit den Proportionen….. Skulptur von Botero, Cartagena, Kolumbien 2019
In den Straßen von Cartagena, Kolumbien 2019
Heute wird getanzt, Cartagena, Kolumbien 2019
Heute wird getanzt, Cartagena, Kolumbien 2019

Bei Einbruch der Dunkelheit streifen wir durch das Ausgehviertel Getsemani, wo ebenfalls ein Konzert stattfindet. Die Straßen sind vollgestopft mit Menschen und die Stimmung ist ausgelassen. Hier geht ordentlich die Post ab. Alles in Allem ein gelungener Besuch in einer wahnsinnig interessanten Stadt.

Unterwegs in Getsemani, Cartagena, Kolumbien 2019
Unterwegs in Getsemani, Cartagena, Kolumbien 2019
Unterwegs in Getsemani, Cartagena, Kolumbien 2019

Die folgenden zwei Tage verbringen wir wieder auf der Straße auf dem Weg nach Medellín. Zunächst wieder zügig durchs heiße Tiefland. Sobald die Berge erreicht sind, verlangsamt sich die Reise wieder drastisch, weil man auf den Landstraßen ewig lange hinter den LKW festhängt. Wir erreichen Medellín von Norden her und müssen wohl irgendwo falsch abgebogen sein, denn die Fahrt geht mitten durch die engen Straßen der Fawelas. Immer steiler werden die Wege, bis schließlich schon der erste Gang nicht mehr ausreicht. Beinahe hätten wir in die Geländeuntersetzung schalten müssen und das mitten in der Stadt. Schlussendlich erreichen wir aber doch noch das ausgewählte Camp, hoch in den Bergen über der Stadt, fast 1.000 Meter höher gelegen als Medellín selbst. Von hier oben kann man mit einer Gondel hinab in die Millionenmetropole schweben, was ziemlich beeindruckt. Die roten Backsteinhäuser stehen dicht gedrängt an den steilen Hängen. Überall wimmelt es von Menschen und aus allen Richtungen ist laute Musik und Straßenlärm zu vernehmen.

Über den Dächern von Medellin, Kolumbien 2019
Über den Dächern von Medellin, Kolumbien 2019
Per Cablecar in die Metropole, Medellin, Kolumbien 2019
Per Cablecar in die Metropole, Medellin, Kolumbien 2019
Medellin, Kolumbien 2019
Medellin, Kolumbien 2019

Medellín kennt man wohl am ehesten wegen seiner unrühmlichen Vergangenheit unter der Kontrolle von Pablo Escobar. Die Stadt galt lange Zeit als eine der gefährlichsten der Welt. Und eines der schlimmsten Viertel war zu dieser Zeit und auch noch lange danach die Comuna 13. Heute scheint das Viertel wieder auf einem guten Wege zu sein und man kann sich von den Einheimischen durch die Häuserschluchten führen lassen. Wir vertrauen uns Laura an, die hier aufgewachsen ist und wohl viele schlimme Dinge mitansehen musste. Gleich mehrere ihrer Freunde sind damals spurlos verschwunden und nie wieder aufgetaucht. Sie führt uns durch die Straßen ihres Viertels und über die bekannten Rolltreppen. Die Wände der Häuser sind verziert mit bunten Malereien und Graffitis und erinnern uns stark an Valparaíso.

Comuna 13, Medellin, Kolumbien 2019
Comuna 13, Medellin, Kolumbien 2019
Comuna 13, Medellin, Kolumbien 2019
Comuna 13, Medellin, Kolumbien 2019
Comuna 13, Medellin, Kolumbien 2019
Comuna 13, Medellin, Kolumbien 2019
Comuna 13, Medellin, Kolumbien 2019
Comuna 13, Medellin, Kolumbien 2019

Das Abenteuer Medellín wird abgerundet durch eine ungeplante Busfahrt, denn als wir um halb sechs wieder an der Talstation der Gondel zurück zum Camp stehen, ist dort eine Schlange wie an einer Achterbahn im Freizeitpark. Keine Chance, dass wir da heute noch mit auf den Berg kommen, die letzte Gondel fährt um sechs. Also zurück ins Stadtzentrum und den richtigen Bus gesucht. Der Fahrer scheint in einem früheren Leben wohl ein Rallye-Ass gewesen zu sein, denn so wie der den Berg hochbrettert, wird einem Angst und Bange. Teilweise hat man das Gefühl, der Bus schlittert auf nur zwei Rädern durch die Kurven und am Abgrund vorbei.

Nach ein paar Tagen Medellín machen wir noch eine kleine Landpartie und fahren zum El Peñón de Guatapé, einem riesigen Felsen in einer künstlich angelegten Seenlandschaft. In den Felsen sind gut 700 Stufen gemeißelt und gemauert und von oben hat man tatsächlich eine überragende Aussicht.

Peñon de Guatape, Kolumbien 2019
Aussicht vom Peñon de Guatape, Kolumbien 2019
Peñon de Guatape, Kolumbien 2019
Peñon de Guatape, Kolumbien 2019

Schließlich setzen wir die Reise in Richtung Jardín fort und kommen dabei erneut durch Medellín. Auf einer teilweise 8-spurigen Stadtautobahn hat man den Moloch aber wesentlich zügiger hinter sich gelassen, als z.B. Bogota.

Die weitere Strecke nach Jardín schlängelt sich malerisch durch die kolumbianischen Anden der Cordillera Central. Jardín selbst ist ein recht kleines Nest, aber bekannt für seine schöne Lage. Angeblich hat man hier beste Chancen, einen ganz selten Vogel zu finden. Den Anden-Felsenhahn, oder auch bekannt als Cock on the Rock. Das Glück ist uns zwar hold und wir finden tatsächlich gleich mehrere auf ein Mal, aber in Ermangelung eines Teleobjektives werden die Fotos natürlich nur so semi-gut….

2 x Felsenhahn in Minca (wer sie findet, darf sie behalten….), Kolumbien 2019
Bunter Vogel in Jardin, Kolumbien 2019

Und genau in der Angelegenheit bekommen wir am Abend eine überraschende Nachricht. Die Staatsanwältin aus San Gil meldet sich bei uns per Whatsapp und teilt uns mit, dass die Diebe, die in unser Auto eingebrochen waren, am Anfang der nächsten Woche bereit wären, das Diebesgut wieder heraus zu rücken. Der Termin würde erneut im Büro der Staatsanwaltschaft in San Gil stattfinden. Da wir vor ein paar Wochen schon einmal genau diesen Status hatten und dann böse verschaukelt wurden, bleiben wir erst einmal ganz ruhig und fordern erneut einen Beweis in Form eines Fotos. Die Staatsanwältin antwortet prompt und verspricht uns, genau das vom Anwalt der Langfinger einzufordern (dem Fischauge, der Ein oder Andere erinnert sich vielleicht). Keine zwei Minuten später piepst das Smartphone und auf dem Display erscheinen Bilder von unserem Eigentum und zwar zweifelsfrei! Wir sind tatsächlich ein wenig überrascht. Wir gehen auf Nummer sicher und nehmen selber Kontakt mit dem fischäugigen Anwalt auf, schließlich hatte uns ja ein Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft seine private Nummer gegeben. Auch er versichert uns diesmal, dass der Austausch stattfinden wird. Wir machen uns die Entscheidung nicht leicht, denn in der Angelegenheit vertrauen wir schon lange niemanden mehr, egal auf welcher Seite er oder sie steht. Außerdem ist San Gil nicht gerade um die Ecke. Der Umweg würde zusätzliche 700 km bedeuten und würde uns zu dem auch noch weit von unserer geplanten Route abbringen. Zu allem Überfluss ist sich am späten Abend Frau Staatsanwältin dann schon wieder nicht mehr ganz so sicher, ober der Gegenseite tatsächlich zu trauen ist und der Termin nicht eventuell erneut platzen könnte.

Wir wägen ab und machen uns tatsächlich einer Liste der möglichen Szenarien. Sollen wir tatsächlich zurück nach San Gil fahren und das Risiko eingehen, erneut enttäuscht zu werden…..???

 

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Wir benutzen Cookies um die Nutzerfreundlichkeit der Webseite zu verbessen. Durch Deinen Besuch stimmst Du dem zu.
error: Content is protected !!