Südamerika Chile

Torres del Paine

14.11.2018 – 18.11.2018

Torres del Paine

Der chilenische Zoll hat dankbar unsere Opferzwiebel entgegen genommen und uns dann unbehelligt weiter ziehen lassen. Kurzer Stopp in Puerto Natales und schon geht es weiter in Richtung Torres del Paine Nationalpark. Hatten wir noch am Perito Moreno endlich mal ein gutes Händchen, was das Wetter anbelangt, geht uns bereits hier wieder das Glück aus. Es ist nass-kalt und wirklich ungemütlich. Zunächst campieren wir noch eine Nacht vor den Toren des Parks an einem kleinen Fluss am Wasserfall. Leider können wir die Kulisse bei der Witterung nicht so richtig genießen, weil einem die Kälte in die Glieder krabbelt. Am nächsten Tag lösen wir unser Ticket für den Park. Damit können wir uns drei Tage und zwei Nächte im Park aufhalten. Campen kann man an einigen der Ranger Stationen.

Im Torres del Paine dreht sich fast alles um die atemberaubende Landschaft rund um die namensgebenden Torres (Türme), die inmitten der südlichen Ausläufer der Anden stehen. Auch die sonstigen Formationen, wie z.B. die Cuernos (Hörner) können sich durchaus sehen lassen und ragen schroff in die Höhe. Dazu die Gletscher und Eiskappen der umliegenden Berge und perfekt ist die Landschaft, die jährlich tausende Wanderer anlockt, um erkundet zu werden.

Kamerakind: Janina
Guanako

Wir starten zunächst am Lago Grey mit seinem gleichnamigen Gletscher, der gerne mal leuchtend eisblaue Brocken in den See kalbt. Unnötig zu erwähnen, dass wir uns erst gegen Orkanböen stemmen müssen und uns dann vor dem Regen flüchten. Derzeit ist es sehr wechselhaft und das Versprechen in Patagonien alle vier Jahreszeiten an einem Tag erleben zu können, wird heute eingelöst.

Eisberg am Lago Grey, Torres del Paine
Halbwegs gutes Wetter macht gute Laune, Torres del Paine

Trotzdem ist die Landschaft ein Genuss. Den Lago Pehoe muss man einfach mal gesehen haben. Seine Farbe scheint nicht von dieser Welt. Blau wie ein Eisbonbon leuchtet er unterhalb der scharfkantigen Cuernos, die ihrerseits schwarz-grau und kalt in die Höhe wachsen. Ziemlich einmalig.

Wind macht aber auch Spaß, Torres del Paine
Lago Pehoe, Torres del Paine

Doch das Herz des Parks sind wie erwähnt, die drei Türme, die es sehr zum Leidwesen ihrer Besucher fast immer vorziehen, sich in Wolken zu hüllen. Fast senkrecht karg aufragend stehen sie im Schutze der umliegenden Gipfel und trotzen seit Jahrtausenden den zornigen patagonischen Winden. Wer sie in ihrer ganzen Pracht bewundern will, startet am Besten frühmorgens (auf Deutsch: noch bei Dunkelheit) auf die Wanderung zum Lookout und hofft, dass ihm das Wetter an diesem Tag hold ist. Hat man Glück, wird man mit einer einmaligen Aussicht belohnt.

Die drei Türme, Torres del Paine

Die beliebtesten Wanderwege sind das „O“, einmal in ca. 8 Tagen um das ganze Massiv herum, oder das „W“, bei dem man sich mit einer Seite der Bergkette begnügt und noch durch das French Valley wandert. „Leider“ sind alle Touren ausgebucht und wir beneiden bei dem Wetter die tapferen Wandersleut in keinem Fall. Wir cruisen mit unserem Buschtaxi durch den Park und genießen die Ausblicke, die uns das Wetter gönnt und halten Ausschau nach dem hier ansässigen Puma. Sieht man eine Reportage über Andenpumas im Fernsehen, wurde sie mit ziemlicher Sicherheit hier im Torres del Paine gedreht. Allerdings liegt es nicht in der Natur der Wildkatzen, sich dem Menschen zu zeigen, daher halten wir 2 Tage lang vergeblich Ausschau. Am dritten Tag stellen wir den Wecker auf eine Zeit im Morgengrauen, die die letzten Wochen für uns gar nicht mehr existiert hat und werden mit Regen belohnt. Wir drehen uns nochmal um und werden aber schon eine halbe Stunde später wieder munter, als plötzlich die Sonne vom Himmel lacht. Wir haben die Wahl zwischen dem Wanderweg zur Lagune unterhalb der Torres oder einem Wanderweg im Pumagebiet. Wir starten durch und wählen den Wanderweg zwischen den Rangerstationen Laguna Amarga und Lago Sarmiento, hier sollen die Raubkatzen am ehesten zu Sichten sein. Wir scheinen die richtige Wahl getroffen zu haben, denn wann immer wir einen sehnsüchtigen Blick über die Schulter in Richtung Torres werfen, hüllen diese sich in dichte, dunkle Wolken und erinnern dabei irgendwie an Mordor….

Wolken über Mordor, Torres del Paine
Auf der Suche nach dem Puma, Torres del Paine

Wir wandern also flottes Schrittes durch die patagonische Landschaft, als Janina plötzlich verharrt und mich ranwinkt. Ich hab mich das in Afrika immer schon gefragt, wie sie das macht. Irgendwie sucht sie nicht nach Wildtieren, sondern sieht durch die Büsche hindurch und sucht nach Konturen, Farben und Bewegungen. Und diesmal hat sie hoch oben auf einem Hügel etwas entdeckt. Ich sehe da zunächst nur ein paar braune Flecken, die relativ unspektakulär wirken und brauche einige Zeit, bis sich daraus auch für meine Augen eine Pumamutter mit zwei halbstarken Jungtieren formen. Wir bringen uns also in eine etwas vorteilhaftere Position und können die kleine Familie beim Nichtstun beobachten. Mama Puma liegt etwas abseits und lässt den Nachwuchs nicht aus den Augen. Wir pirschen uns gegen den Wind an und gehen sicher, dass sie uns auch bemerkt, damit wir sie nicht unbeabsichtigt überraschen. Hin und wieder blickt sie zu uns herüber und bleibt dabei völlig entspannt. Auch der Nachwuchs scheint sich an uns nicht zu stören. Wir kommen so nahe, wie es der Wohlfühlbereich aller Beteiligten zulässt.

Puma Mama döst in der Sonne, Torres del Paine
Der Nachwuchs ist auch müde, Torres del Paine

Kennt ihr „der Mann in den Bergen“? Das war zu meiner Zeit eine relativ beliebte Serie über einen Flanellhemd tragenden Naturburschen, der immer fröhlich durch seinen Vollbart grinste und irgendwo in den Rocky Mountains zahlreiche Abenteuer erlebte. Mit von der Partie war immer sein Kumpel der freundliche Bär, und ab und zu hatte der garstige Puma einen Auftritt, bei dem er stets alle böse anfauchte. Auf mich wirkte die Raubkatze dabei im Fernsehen immer eher klein und harmlos. Nachdem ich da jetzt mal etwas näher dran war, muss ich das noch mal überdenken. Natürlich ist so ein Puma deutlich kleiner als ein afrikanischer Löwe, klar. Aber die Pranken sind schon beeindruckend. Mutter Puma streckt bei einer ihrer seltenen Bewegungen alle Viere in die Luft und spreizt dabei die Pfoten. Das beeindruckt.

Ruhig mal recken, Torres del Paine

So schließen wir mit Torres del Paine trotz des durchwachsenen Wetters unseren Frieden. Bevor wir ihn verlassen besuchen wir aber nochmals die schönsten Stellen bei strahlendem Sonnenschein. Der Park zeigt dabei ein ganz anderes Gesicht. Man kann sich allerdings darüber streiten, ob nun blauer Himmel oder bedrohlich wirkende Wolken die bessere Kulisse bilden. Wir haben sowohl als auch erlebt und können sagen, beides hat etwas.

Postkarte mit den Cuernos im Hintergrund, Torres del Paine

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