10.03.2019 – 31.03.2019
Auf der Straße der Vulkane in Ecuador
So schnell gehen acht Tage Galapagos vorüber. Ein unvergessliches Erlebnis. Der Landeanflug auf Guayaquil offenbart, dass auch hier in der Zwischenzeit einiges an Action geboten war. Wir können von oben sehen, dass fast alles überschwemmt ist. Es muss in der vergangenen Woche also das ein oder andere Unwetter gegeben haben, was eventuell auch die für diese Jahreszeit ungewöhnlich raue See vor den Galapagos Inseln erklärt. Wir setzen planmäßig auf und verabschieden uns noch im Flieger von unseren Reisegenossen, die fast alle weiter nach Quito fliegen. Wir werden in der nächsten Zeit Ausschau nach Lars und Karin’s Reisegefährt halten, die beiden könnten uns durchaus von Norden kommend auf der Straße begegnen.
Unser Taxi hat seine Woche Urlaub unbeschadet überstanden und wir campieren noch eine schwül-heiße Nacht auf dem Innenhof des Livingston Hotels, bevor wir endlich wieder Asphalt unter die Räder nehmen. Es geht wieder hinein in die Berge Ecuadors und somit in milderes Klima. In der Nähe von Alausi schauen wir uns den Nariz del Diablo an, eine Bahnstrecke, die so steil ist, dass der Zug sie im Zick-Zack erklimmen muss. Dabei fährt die Bahn über eine Weiche zunächst in eine Sackgasse hinein. Dann wird die Weiche umgestellt und der Zug setzt rückwärts den Berg hinauf, hinein in eine zweite Sackgasse. Nachdem auch hier die Weiche umgestellt wurde kann der Zug seine Reise erneut in Vorwärtsfahrt fortsetzen. Schon irgendwie interessant.
Gemütlich geht’s weiter nach Baños, dass schon beinahe Pflichtprogramm auf einer jeden Ecuadorreise ist. Der Ort liegt in einem tiefen Tal auf nur 1.800 Meter Höhe und wird auf spektakuläre Weise von dem dahinter liegenden Tungurahua Vulkan mit über 5.000 Meter überragt. Leider kommen wir aber nicht in den Genuss dieses Anblicks, da sich der Gigant während unseres gesamten Aufenthaltes in dichte graue Wolken hüllt. Wir beziehen zunächst Stellung in einem Camp, in dem sich scheinbar die Elite der Ampeljongleure und Straßenkünstler versammelt. Ohne Dreadlocks fühlen wir uns beinahe nackt…
Baños ist u.a. über die Landesgrenzen für sein Freizeit- und Adrenalinangebot bekannt. Natürlich muss die längste Zip-line Ecuador’s ausprobiert werden, an der es über einen Kilometer lang an ein Stahlseil gehängt in rasanter Fahrt über einen Fluss hinweg ins Tal geht. Der Wasserfall „Pailon del diablo“ stürzt sich spektakulär in eine enge Schlucht und wer will, kann sich auf der schmalen Brücke, die direkt durch die Wassermassen führt, mal so richtig nass machen lassen. Und zum Schluss quälen wir uns steil den Berg hinauf zum „Casa de arbol“ (Baumhaus), um dort auf der legendären Schaukel direkt am Abgrund in die Ewigkeit zu schaukeln.
Da das Wetter in Baños aber letztendlich nicht besser werden möchte, zieht es uns weiter und wir machen uns auf zum höchsten Vulkan des Landes, zum Chimborazo. Ganz schlaue Zeitgenossen haben herausgefunden, dass es sich bei diesem Riesen um die höchste Erhebung unseres Planeten handelt. Allerdings nur, wenn man von der traditionellen Messmethode abweicht, bei der die Höhe eines Berges von der Meereshöhe aus gemessen wird und stattdessen die Höhe vom Erdmittelpunkt aus bestimmt wird. Da unser Planet im Querschnitt eine Ellipse und kein Kreis ist und daher am Äquator dicker ist als an den Polen, ist der Gipfel des Chimborazo der Ort, der am weitesten ins „Weltall“ ragt. Nachdem wir das geklärt hätten, rumpeln wir den Vulkan hinauf bis auf 4.800 Meter und schauen uns mal das Refugio 1 an. Eine Bergsteigerhütte, von der aus man den Vulkan erklimmen kann. Uns rasseln hier oben schon ordentlich die Lungen und da das Refugio leider konstant in einer dicken grauen Wolke liegt, aus der sogar leichter Hagel heraus kommt, hoppeln wir nach einem verdienten Kaffee wieder gen Tale und übernachten auf nur 4.300 Meter. Kurz vor Sonnenuntergang erweist sich der Vulkan gnädig und schimmert in der Dämmerung weiß durchs Zwielicht. Im Tal auf der gegenüber liegenden Seite können wir wie im Zeitraffer mit ansehen, wie sich eine gigantische Gewitterfront zusammenbraut, bis schließlich grelle Blitze durch die Nacht zucken. Da wir über der Wolke stehen, bestaunen wir das Ganze von oben, was irgendwie gespenstisch ist.
Nach einer klirrend kalten Nacht steht der Chimborazo klar und strahlend weiß mit seinen 6.268 Metern vor dem tiefblauen Morgenhimmel. Ein Wahnsinnsanblick, der mit vielen, vielen Vicuñas abgerundet wird. Also dick einpacken und mit der Kamera auf die Jagd gehen. Nach nur etwa einer Stunde ist der Zauber vorbei und die ersten grauen Wolken ziehen die Hänge hinauf, um den Vulkan erneut einzuhüllen und vermutlich für den Rest des Tages auch nicht mehr freizugeben.
Wir können also zufrieden weiter fahren und wählen dafür kleine Nebenstraßen in Richtung Norden. Im Prinzip sind die Straßen in Ecuador in vergleichsweise hervorragendem Zustand, wer aber danach sucht, kann sie auch hier finden. Die schlammigen, kleinen und verschlungenen Pfade, die sich durch die Berge schlängeln. Eben einen Solchen wählen wir für unsere heutige Etappe und brauchen prompt wesentlich länger als veranschlagt, so dass wir uns mittendrin ein Busch- bzw. in diesem Fall ein Bergcamp suchen müssen. Das stellt allerdings kein wirkliches Problem dar und hin wieder kommt einer der Bergbauern mit seinen Schafen, Ziegen, Hunden und Lamas vorbei und schaut interessiert, was die Gringos hier oben im Nebel treiben.
Mit etwas Verspätung erreichen wir also Zumbahua, wo wir uns eigentlich den lokalen Markt anschauen wollten. Leider müssen wir aber feststellen, dass dieser anscheinend einer politischen Kundgebung weichen musste, denn nächsten Sonntag sind in Ecuador Kommunalwahlen. Nun denn, um so mehr Zeit bleibt uns für unser nächstes Ziel, der Laguna Quilotoa. Auch hier werden unsere Erwartungen nicht ganz getroffen, hatten wir doch einen schwer zu erreichenden und abgelegenen Vulkankratersee erwartet. Den See finden wir zwar vor, aber abgelegen ist er keineswegs. Über eine sehr gute Teerstraße gelangt man zum Örtchen Quilotoa und entrichtet erst einmal $3 Dollar Eintritt. Danach kommt man durch ein kleines aber sehr touristisches Dörfchen. Wir haben zunächst ein paar Problemchen, uns mit dem Rummel hier anzufreunden, finden dann aber einen eigentlich ganz netten Platz etwas abseits direkt am Kraterrand. Vorsichtshalber fragen wir im örtlichen Museum und einer weiteren Kneipe nach, ob es in Ordnung ist dort zu campen und in beiden Fällen versichert man uns: Kein Problem, wir seien herzlich willkommen. Also pilotieren wir unser Buschtaxi durch die Touristenmeute hindurch über einen Wanderweg an eben diese abgelegene Stelle und genießen die Aussicht. Es hat schon etwas magisches, wenn die durch die Wolken hindurchstechenden Sonnenstrahlen hellgrüne Flecken auf den tiefgrünen Kratersee zaubern und dabei langsam über die schimmernde Wasseroberfläche wandern. Ist der Wettergott gnädig gestimmt, kann man dann noch in der Ferne das Andenpanorama bewundern und einen Blick auf die hoch aufragenden Zwillingsvulkane Illiniza Sur und Norte werfen. Man möchte fast in Ehrfurcht erstarren.
Das finden auch wohl zwei Inder, die seit geraumer Zeit auf ihren Motorrädern um unser Auto „herum hühnern“. Wir haben erst die Befürchtung, dass es sich bei den beiden um Motorradpolizisten handelt, die sich an unserer Anwesenheit stören. Ein nochmaliges Nachfragen bei einem der Kneipenbesitzer enthüllt aber, dass es in Quilotoa gar keine Polizei gibt. Die Kommune verwaltet sich anscheinend selber. Erst im nächsten Dorf gibt es ganze zwei Ordnungshüter.
Die beiden Inder arbeiten an einer Netflix Reportage und haben sich genau unseren Campspot für ein paar Aufnahmen ausgesucht. Mit ihrer Drohne, die ständig über unseren Köpfen kreist, gehen sie uns irgendwann doch ein wenig auf den Keks….
Nach ein paar Tagen Wildcamp haben wir uns schließlich mal wieder eine ordentliche Dusche mehr als verdient und checken in Isinlivi ein im „Llu Llu Llama“, einem Hostel, das bei Backpackern sehr beliebt scheint, obwohl es mitten im Nichts liegt. Das liegt vermutlich daran, dass das Llu Llu Llama in einem charmanten und urgemütlichen alten Bauernhaus untergebracht ist und einen sehr schönen Blick ins Tal bietet. Baloo, der monströse, aber gutmütige Bernhardiner, wacht über Allem. Der Laden ist gut ausgebucht und beim abendlichen Gemeinschaftsmahl am großen Gruppentisch ist es ein Leichtes mit anderen Reisenden ins Gespräch zu kommen. Wir treffen sogar ein paar Touristen, die auf Pferden durch die ecuadorianische Bergwelt reiten, auch interessant. Wir bleiben gleich zwei Nächte, bevor wir uns wieder auf den Weg machen.
Als nächstes steht bei uns der Vulkan Cotopaxi auf dem Plan, der uns, wie nicht anders zu erwarten, mit grauem Himmel und Regen empfängt, so dass wir zunächst wenig von ihm zu sehen bekommen. Das Rezept für eine erfolgreiche Gipfelsichtung kennen wir aber bereits. Wir bleiben einfach über Nacht am Fuße des Vulkans und werden sogleich von neugierigen Rehen umschlichen. Am Abend zeigt sich der Cotopaxi dann schon einmal schüchtern in der Dämmerung und auch Illiniza Sur und Norte sind in der Ferne zu erkennen, diesmal von der anderen Seite. Am nächsten Morgen steht er dann schließlich in voller Pracht vor uns, der Cotopaxi mit seinem schneebedeckten Gipfel. Wie aber schon der Chimborazo nur für eine knappe Stunde. Als wir denn Park verlassen sind bereits wieder dichte Wolken aufgezogen und es scheint, als wolle es erneut anfangen zu regnen.
Über eine wirklich miese und uralte Kopfsteinpflasterstraße holpern wir hinunter ins Tal in Richtung Quito. Bekanntermaßen sind wir keine Großstadtmenschen und daher haken wir die Hauptstadt Ecuadors mit nur zwei Übernachtungen ab. Die verbringen wir im Hostel von Gerd, einem deutschen Auswanderer. Gerd ist bereits 88 Jahre alt, in den Neunzehn-Dreißigern auf der Reeperbahn geboren und als Vollwaise im Hamburg der Wirren des Zweiten Weltkriegs aufgewachsen. Vorsichtig ausgedrückt ein sehr interessanter Charakter.
Nach zwei viel zu lauten Tagen entfliehen wir dem Moloch in Richtung Mindo. Hier gibt es noch ein wenig Nebelwald zu sehen, von dem es in Ecuador nicht mehr allzu viel gibt. Viele, viele Kolibris gibt es zu bestaunen und ob wir beim Wandern durch den dichten, schwülen Wald oder bei der Fahrt in einer Art Gondel hoch über einem Flussbett mehr ins Schwitzen geraten, bleibt unser Geheimnis. Das frühe Aufstehen am letzten Morgen wird mit der Sichtung von gleich mehreren Tukanen belohnt. Der legendäre rote Felsenhahn bleibt uns aber verborgen. Wir werden hier noch zu Ornithologen….
Von Mindo geht es erst wieder ein Stück zurück in Richtung Quito, bevor wir auf dem weiteren Weg in Richtung Norden endlich auch mit dem Auto den Äquator überqueren. Auf den Galapagos Inseln sind ja bereits mit dem Schiff hinüber geschippert. Hier in der Gegend gibt es gleich mehrere Monumente, von denen allerdings die wenigsten an der richtigen Stelle stehen. Wir besuchen ein Monument, dass eine Art Sonnenuhr und –Kalender darstellt. Schon lange Zeit bevor der erste Europäer einen Fuß auf diesen Kontinent gesetzt hat, haben die Ureinwohner an dieser Stelle den Äquator bestimmt und lagen damit ziemlich exakt.
Wir werfen noch einen Blick auf die Laguna Cuicocha mit ihren Inseln, bevor wir in Ibarra schon wieder bei einem deutschen Auswanderer in der Finca Sommerwind unterkommen.
Bei Antritt der Reise hätten wir nicht gedacht, dass wir so oft bei Landsleuten absteigen. Ich hatte eher gedacht, wir würden es sogar eher vermeiden. Allerdings haben wir ein paar Kleinigkeiten am Auto zu erledigen und das ist hier in der Finca sehr gut machbar. Hans, der Betreiber, ist erstens gut vernetzt und hat auch nichts dagegen, wenn man auf seiner Wiese die ein oder andere Reparatur durchführt. Bevor wir aber den Schraubenschlüssel schwingen gibt es gleich mehrere Wiedersehen zu feiern. Schon als wir auf den Hof rollen erspähen wir das Mobil von Geli und Heiko, den beiden Steinfurtern, mit denen wir in El Bolson in Argentinien Silvester gefeiert haben. Und auch Lars und Karin, mit denen wir auf der Angelito die Galapagos Inseln umschippert haben, treffen wir hier wieder. Und als uns dann schließlich noch Anthony und Barbara aus Neuseeland über den Weg laufen, reiben wir uns doch allmählich verwundert die Augen. Die beiden gebürtigen Südafrikaner hatten wir vor Monaten im südlichen Argentinien im Monte Leon Nationalpark getroffen.
Allerdings werden wir auch mit einer schlechten Nachricht empfangen, die dann schließlich erklärt, warum sich hier alles trifft und mehr oder weniger staut. Die Weiterreise nach Kolumbien ist derzeit durch Proteste und Straßenblockaden der dortigen indigenen Einwohner erschwert, bzw. versperrt. Scheinbar hat die Regierung seit Jahren Versprechen gemacht, aber nicht eingehalten. Die Menschen protestieren nun und fordern die Einhaltung der Absprachen. Und als Druckmittel legen sie die Infrastruktur lahm, in dem sie die Verkehrswege blockieren und auf die Straße gehen. Wenn man sich mit der Geschichte Südamerikas beschäftigt, ist das immer eine heikle Angelegenheit, die nicht selten aus dem Ruder gelaufen ist. Und auch hier scheint es bereits die ersten gewaltsamen Auseinandersetzungen gegeben zu haben. Nach Venezuela droht uns also nun auch Kolumbien versperrt zu bleiben, was wirklich schade wäre, da es eigentlich das Land ist, auf das wir am meisten gespannt waren und sind. Wirklich jeder, mit dem wir bislang gesprochen haben, hat von Kolumbien in den höchsten Tönen geschwärmt. Aber noch ist nicht aller Tage Abend. Die Reisenden stecken die Köpfe zusammen und wälzen die Landkarten. Hans kontaktet mehrfach am Tag seine Bekannten in Kolumbien, um an aktuelle Infos zu kommen. Die Berichterstattung in den Medien ist eher mau, scheinbar ist der Konflikt in Europa kein Thema. Jeder Überlandreisende, der aus Kolumbien eintrifft, wird sogleich „verhört“. Und alle berichten von Straßenblockaden, schwierigen Umfahrungen und vor Allem Treibstoffknappheit. Den kolumbianischen Präsidenten scheint indes der ganze Streit wenig bis gar nicht zu interessieren, schließlich ist er erst seit Kurzem im Amt und die Versprechen wurden von der vorherigen, gegnerischen Regierung gemacht. Das trägt wie erwartet wenig zur Lösung des Problems bei und die Berichte hören sich von Tag zu Tag schlechter an.
Wir widmen uns unterdessen erst einmal der Fahrzeugpflege und wechseln die Bremsbeläge vorne. Außerdem lassen wir endlich die von den Rüttelpisten ausgeschlagenen Haubenscharniere richten. Das Geklapper nervt uns schon seit Langem. Heiko und Geli haben da leider ein wenig mehr Druck, denn sowohl die Verschiffung des Autos als auch ihr eigener Heimflug sind bereits gebucht und stehen in absehbarer Zeit an. Sie müssen also einmal längs durch Kolumbien, um Cartagena zu erreichen. Kurzerhand tuen sie sich mit Alex und Christine aus Regensburg mit ihrem Wohnmobil zusammen und bilden die „Mission Rammbock“, mit dem Ziel durch die Problemzone um Popayan hindurch in Richtung Norden vorzustoßen. Dazu werden die Lebensmittelvorräte aufgestockt und mehrere alte Trinkwasserkanister mit kostbarem Diesel gefüllt, um die Reichweite zu erhöhen. Wir verabschieden uns herzlich und wünschen den Vieren alles Gute für ihre Mission.
Da wir es nicht ganz so eilig haben, machen wir uns in der Zwischenzeit mit Lars und Karin auf den Weg zu einem Geheimtipp, den wir von den zwei Neuseeländern/Südafrikanern bekommen haben. Wir fahren zum „Mirador del Oso Andino“. Einem Gebiet, in dem tatsächlich noch Brillenbären leben sollen. Die Strecke führt über die „Ruta del Vertigo“, die ihrem Namen alle Ehre macht. Am Mirador angekommen, werden wir von Danilo in Empfang genommen, einem Ranger, der seit Jahren die seltenen Bären beobachtet und sich für ihren Schutz einsetzt. Vor allem bei den Bauern der Region wirbt er für Mitarbeit, denn teilweise bedienen sich die Bären an deren Maisfeldern und Obstplantagen.
Wir sind nicht die Einzigen Interessierten. Derzeit ist ein vierköpfiges, japanisches Fernsehteam hier und filmt mehrere Wochen für ein paar Minuten einer Reportage. Allesamt sehr höfliche und nette Leute, die uns sogar einen Blick durch ihre sündhafte teure Fernsehkamera gestatten. Am ersten Tag erspähen wir eine Bärenmutter mit einem Jungtier an der gegenüberliegenden Seite der teilweise fast senkrechten Schlucht. Erstaunlich, dass sich die Bären auf diesem Terrain fortbewegen können. Wir brauchen schon gute Ferngläser, bzw. eine lange Brennweite vor der Kamera, um die Bären einigermaßen erkennen zu können. Am nächsten Morgen allerdings nimmt uns Danilo mit hinunter in die Schlucht. Über steile Zick-Zack-Pfade geht es hinab zum Flussbett. Und in einem der eh schon atemberaubend schönen, riesigen alten Bäume mit ihren langen silbrigen Flechten kraxeln wieder Mama Silvestre, die als einziger Bär in dieser Region ein Funkhalsband trägt, mit ihrem Sprössling herum. Mama Bär lässt es eher ruhig angehen, während der kleine Racker den Baum bis in Schwindel erregende Höhen erklimmt und dabei immer wieder aus dem Blätterdach und den in der Sonne leuchtenden Flechten hervorlugt. Wir stehen derweil am wilden Bachbett und beobachten fasziniert das Schauspiel. Und während wir da leicht entrückt stehen und genießen, landen wir beinahe einen Sechser im Lotto. Denn genau in dem Baum, in dem die Bären dösen und klettern, landet ein Raubvogel mit einem markanten Püschel auf dem Kopf. Ich bin zunächst überzeugt, dass das eine noch junge Harpye sein muss, der größte Raubvogel unseres Planeten und sehr selten anzutreffen. Der Greifer wird so groß, dass er sogar ausgewachsene Faultiere aus den Bäumen pflückt und verspeist. Meine Euphorie wird aber schon kurze Zeit später von einem der Ranger gebremst, der den Vogel mittels eines Fotos als „Andean Mountain Eagle“ identifiziert. Ebenfalls eine Spezies, die so selten ist, dass über ihre Anzahl in dieser Region keine Genauigkeit herrscht.
Schließlich schnaufen wir die steilen Wege der Schlucht wieder hinauf und kehren zurück nach Ibarra. Nach einer weiteren Nacht auf der Finca Sommerwind verabschieden wir uns von Lars und Karin, die ihre Reise in Richtung Süden fortsetzen. Wir beschließen allerdings in Kontakt zu bleiben. Die beiden Schweizer reisen ein wenig langsamer als wir, da sie kein festes Enddatum ihrer Reise haben. Und so ist es nicht ausgeschlossen, dass wir uns weiter im Süden nochmals über den Weg laufen. Vielleicht gehen wir gemeinsam die Lagunenroute an, wer weiß….?
Wir tun es schließlich Geli und Heiko gleich, füllen die Lebensmittelfächer bis zum Rand und tanken die 270 Liter Dieselkapazität bis zum Rand voll, was in Ecuador nicht allzu weh tut, da ein Liter nicht einmal €0,30 kostet. Zur Not kommen wir damit ohne Tankstopp bis nach Cartagena durch. Bevor wir aber die Grenze angehen, schauen wir uns noch einen letzten Nationalpark in Ecuador an, den „El Angel“, in dem es die nur auf großer Höhe vorkommenden Frailejones zu sehen gibt, eine urige Pflanzenart mit pelzigen Blättern. Auf dem Wanderweg durch den Park brennen unsere Lungen aufgrund der Höhe mal wieder recht ordentlich, aber lohnenswert ist es allemal.
Der Pfad aus dem Park heraus in Richtung Norden ist mal wieder eine anständige 4×4 Strecke, die teilweise so eng ist, dass das Buschwerk schmerzhaft über den Lack des Taxis quietscht. Die Strecke nimmt ein wenig mehr Zeit in Anspruch als geplant und so kommen wir zu unserem letzten Bushcamp in Ecuador, bevor wir am nächsten Tag die Grenze zu Kolumbien erreichen und uns den dortigen Straßensperren stellen müssen….