Südamerika

…und Abflug: 26.09.2018 (eigentlich)


irgendwann Mal kommt der Zeitpunkt, da ist aller Planung Ende. Da steigt man ins Auto, aufs Rad, in den Zug, oder wie in unserem Fall ins Flugzeug und „macht einfach los“. Es kommt ja doch wie es kommt und zu viel Planung verdirbt die Überraschungen. Wie immer kommt dieser Tag vollkommen unerwartet, obwohl wir uns schon 2 Jahre darauf vorbereitet haben. Die letzten Tage sind irgendwie mechanisch abgelaufen, alles wurde irgendwie „abgehakt“ (die letzte Tour mit unseren Freunden durch den Teutoburger Wald und anschließender Abschiedsparty natürlich ausgenommen!).

Letzter Arbeitstag: check. 

Auszug und Möbel einlagern: check. 

Wohnungsübergabe: check. 

Abflug: check….. 

Halt, da war doch noch was! Vorfreude und Reisefieber? Ja, ein bisschen. Aber bei den ganzen Pflichtpunkten kam das fast ein wenig zu kurz. Die Variante mit einfach ins Auto steigen und losfahren ist mir irgendwie lieber. Diesmal müssen wir erst zum Flughafen, dann geht’s von Düsseldorf nach Madrid, dann weiter nach Santiago de Chile und schließlich nach Valparaiso, wo wir endlich unser Taxi wieder in Empfang nehmen können. Uff, wenn das mal alles so hinhaut….

Tut es natürlich nicht. Erst mal hat der Iberia-Flieger in Düsseldorf fast eine Stunde Verspätung. Technische Schwierigkeiten, sagt der Pilot. Danke, genau das will man hören, über das Fluggerät, mit dem man dann später so ca. 10 bis 11 km über der Erde schwebt.

Abflug

Wir kommen also schon etwas verspätet in Madrid an und müssen dort natürlich das Terminal wechseln. Unser Weiterflug nach Chile soll ca. 00:00 Uhr abfliegen. Im strammen Marsch durch die Abfertigung einen Blick auf den Monitor der Abflüge erhascht und einen Flug nach Santiago an Gate 28 gefunden. Also, nix wie hin. Dort angekommen, nehmen wir als erstes den Hinweis auf einen verspäteten Abflug war und verfallen in eine trügerische Entspannung. Denn irgendwann höre ich jemanden auf spanisch meinen Namen ausrufen und so etwas wie „letzter Aufruf“ sagen. Häh? Wie jetzt? 

Es stellt sich heraus, dass wir am falschen Gate sitzen. Denn von diesem Terminal fliegen beinahe zeitgleich zwei Flieger nach Santiago de Chile…. Wie kann man denn so dämlich sein und sich am falschen Gate anstellen? Unser Flieger geht von Gate 8 und nicht Gate 28!

Jetzt aber im gestreckten Schweinsgalopp längs durchs ganze Terminal, das gefühlte 2km lang ist. Und das Ganze mit dem weltschwersten Kamerarucksack auf dem Buckel. Zu unserem Trost sind wir nicht die Einzigen, die auf diese fiese Falle hereingefallen sind. Am richtigen Abflugschalter angekommen muss der Mann vorne an der Einlasskontrolle am Flieger anrufen und fragen ob wir noch rein dürfen. Bange Sekunden dauern gefühlt Ewigkeiten. Schließlich das erlösende ok, wir werden noch in den Flieger gelassen. Ordentlich durchgeschwitzt und die Lunge in Fetzen hängend, lassen wir uns in unsere Sitze in Reihe 33 direkt am Notausgang plumpsen, aber nicht ohne vorher noch ein Pärchen zu vertreiben, dass es sich dort schon bequem gemacht hat. Ich kann’s verstehen, die Plätze an den Notausgängen haben wesentlich mehr Platz als die normalen Sitze und das ist auf einem 13-Stunden-Flug unbezahlbar.

Wir fahren also den Puls langsam wieder runter und versuchen auch das Schwitzen wieder in den Griff zu bekommen, beinahe hätte unser Abenteuer ohne uns angefangen. Wir schmunzeln über unsere eigene Doofheit und eigentlich könnte es jetzt losgehen, aber es passiert erst mal nix. Genauer gesagt passiert ganze 2 Stunden lang nix, außer dass der Pilot uns darüber informiert, dass auch dieser Iberia Flieger technische Probleme hat. Auch bei einem halbtägigen Transatlantikflug möchte man DAS nicht hören.

Es kommt, wie es kommen muss. Nach geschlagenen 2 Stunden dann das Kommando zum Aussteigen. Vorerst fliegt dieses Flugzeug nirgendwo mehr hin. Erst mal ist Reparatur angesagt.

Die ersten (Nicht)Fluggäste fangen schon mal im Flieger an zu motzen, dabei kommen die wirklich guten Nachrichten erst draußen im Terminal. Die Verspätung wird nämlich voraussichtlich etwa 15 Stunden betragen. Leichter Unmut verbreitet sich, der sich aber noch steigert, als die Business-Class Fluggäste von den Normalsterblichen ausgesondert und auf einen anderen Flug gebucht werden, der zeitnah losfliegen soll. Das bringt einige „Normalos“ auf die Palme. Die Holzklasse Passagiere sollen zunächst per Bus in ein Hotel verbracht werden, das aber aus irgendeinem, nur Iberia bekannten Grund, ca. 1,5 Stunden entfernt bei Toledo liegt. Die Stimmung schwelt. Ganze 2(!) Iberia Mitarbeiterinnen versuchen mitten in der Nacht über 400 Passagiere in Busse zu bekommen, müssen aber leider zugeben, dass es nicht sicher ist, dass auch jeder von uns ein Hotelzimmer bekommt. Es könnte also sein, dass man 1,5 Stunden durch die Nacht fährt und dann im schlimmsten Fall vor einem ausgebuchten Hotel steht und sich selber etwas suchen muss, ganz zu schweigen von den anschließenden Versuchen die Hotelkosten von Iberia zurück zu bekommen. Wir entscheiden uns dagegen und bleiben am Flughafen. Gerade stehen wir am Serviceschalter von Iberia und versuchen die Einzelheiten des verspäteten Flugs zu klären und uns ein paar Gutscheine für Frühstück und Mittagessen im Flughafen zu organisieren, da rollt ein wütender Mob auf eben diesen Schalter zu. Die Fluggäste, für die offenkundig kein Platz mehr im Hotel zu sein scheint, haben sich zu einer vor Wut schäumenden Interessensgemeinschaft formiert und wollen den Damen am Serviceschalter jetzt mal so richtig die Meinung geigen. Dabei interessiert es sie scheinbar kaum, dass wir vor ihnen in der „Reihe“ standen. Zeternd rauschen die beiden Rädelsführer an uns vorbei. Freundlich, aber bestimmt weise ich sie darauf hin, dass ich hier auch nicht nur zum Spaß stehe. Es prasselt ein spanischer Redeschwall auf mich ein, den ich natürlich nicht im Ansatz verstehe, aber dennoch mit einer schon etwas „deutlicheren“ Mischung aus Deutsch, Englisch und ein paar obligatorischen, spanischen Höflichkeitsfloskeln kontere. Janina zupft mich schon vorsichtig am Ärmel und auch der wohl noch minderjährige Sicherheits“mann“, der heute Nacht das Pech gehabt hat Dienst schieben zu müssen, versucht vorsichtig einzugreifen. Wir können aber unsere Poleposition am Serviceschalter behaupten und als wir all unsere Anliegen geklärt haben, ziehen wir von Dannen. Hinter uns startet die Flughafenrevolte von Flug IB6833, Mistgabeln und Fackeln hätten hervorragend in die Szenerie gepasst.

Wir suchen uns unterdessen ein ruhiges Eckchen im Flughafen, um vielleicht noch ein Auge zuzumachen. Es ist 04:30 Uhr. Eine halbe Stunde später kommt eine Señora von der Flughafen Security auf ihrem peinlichen Elektrodreirad um die Ecke und scheucht uns wieder auf. Der Flughafen sei jetzt wieder geöffnet und herumlungern nicht gestattet. Vielen Dank auch.

gestrandet in Madrid

Bis zum Abflug sind es noch 10 Stunden. 10 sehr lange Stunden, die wir irgendwie auf dem Flughafen totschlagen. Die Highlights sind ein 3 Euro Frühstück bei Mc Donalds und ein tatsächlich anständiges Mittagessen in einem ordentlichen Restaurant, bezahlt von den generösen Iberia Gutscheinen. Zwischenzeitlich kommt die Hoffnung auf, dass der Flieger doch schon um kurz nach 12 Uhr starten könnte, wird aber jäh im Keim erstickt. Nach und nach finden sich alle Holzklasse-Revolutzer wieder am Gate ein. Doch zur angesagten Boardingtime passiert schon wieder nix. Kurzer Tumult, spanische Hasstiraden, die vermutlich mit dem Niederbrennen der Iberiazentrale zu tun haben und das Gate wird geöffnet. Die Massen strömen ins Flugzeug und nicht nur wir sehen etwas übernächtigt aus. Stimmungs- und Geruchsbelästigung an Bord sind gleichermaßen schlecht und natürlich hebt der Flieger nicht wie angekündigt um 15:15 Uhr ab, sondern erst um 20 nach 4, aber das spielt schon längst keine Rolle mehr.

etwas verspätet,… besser als nie…

Auf dem folgenden, 13 stündigen Flug passiert glücklicherweise nichts aufregendes mehr. Unter uns „dreht“ sich der Planet vorbei und die Nacht überholt uns. Wir befinden uns zwischen unruhigem Dämmerschlaf und schlechtem Flugzeugessen. Aber immerhin haben wir Beinfreihheit ohne Ende und der reparierte Flieger fällt nicht vom Himmel.

Als wir in Santiago de Chile landen, ist es schließlich 1 Uhr. Nachts, wohlgemerkt! Die Abholung durch einen freundlichen Taxifahrer, organisiert von unserem Hostel in Santiago, funktioniert dankenswerterweise problemfrei. Und nachdem wir Einreiseschalter und Zoll relativ zügig passiert haben, düsen wir in einem altersschwachen Taxi mit rund 140 Sachen durch die chilenische Nacht gen Santiago, am Steuer sitzt der freundliche Teufelskutscher mit Bindehautentzündung und feuerrotem Auge, aus dem Radio dudelt dazu typische Mariachimusik. 

In Rekordtempo treffen wir am Hostel ein und werden von „Stucki“ in Empfang genommen, einem deutschen Langzeitenreisenden, der schon seit 2 Jahren unterwegs ist und seine Kosten niedrig hält, in dem er ab und an in solchen Herbergen arbeitet. Er übernimmt die Klärung der Rekordfahrt mit dem Teufelskutscher. Wir sind mittlerweile so fix und alle, dass wir ihm vermutlich all unser Geld gegeben hätten, hätten wir nur sofort ins Bett gedurft. Stucki zeigt uns noch kurz und knapp unser überschaubares Domizil für die nächsten Tage und schließlich fallen wir nach einer nicht nur gefühlten Ewigkeit dankbar in die Federn.

Bienvenidos Chile: Das Abenteuer kann beginnen!

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