Südamerika Peru

Hoch oder runter, heiß oder kalt, knochentrocken oder pitschnass

01.02.2019 – 11.02.2019

Hoch oder runter, heiß oder kalt, knochentrocken oder pitschnass

Peru ist anders. Zumindest anders als Argentinien und Chile. Wir queren die Grenze am 01. Februar und steuern als erstes Tacna an, um uns u.a. mit Bargeld zu versorgen. Beim durchqueren der Stadt ist alles ein weniger lauter, quirliger und auch chaotischer als bisher. Es wird gehupt, gedrängelt und auch ein wenig sinnbefreiter gefahren, als wir es bislang gewohnt waren. Irgendwie erfrischend und authentischer. Jetzt, wo wir hier sind, wirken Argentinien und Chile beinahe westlich.

Willkommen in Peru, Peru 2019

Wie schon in den anderen Ländern zuvor, verlangen hier die meisten Banken eine recht hohe Gebühr für Abhebungen an den Automaten. Eine Ausnahme ist da die BCP Bank, die auch gleichzeitig mit 700 Soles das höchste Limit anbietet. Der Wechselkurs beträgt zur Zeit €1 = 3,8 Soles. In einem Außenbezirk besuchen wir noch ein kleines Restaurant, in dem wir die einzigen Gringos sind. Ein Tagesmenü kostet hier 5 Soles und beinhaltet eine Hühnersuppe und einen Hauptgang mit Reis und Kartoffeln. Außerdem gibt’s noch eine Karaffe mit Wasser inklusive eines undefinierbaren Zuckersirups. Das ganze also für „stolze“ €1,30. Da lohnt sich das Einkaufen im Supermarkt kaum….

Mittagessen für €1,30 in Tacna, Peru 2019

Wir verlassen Tacna in Richtung Norden und suchen uns unser erstes Camp am Pazifikstrand. Es drückend heiß und permanent steht ein dunstiger Nebel von der Brandung über der Küste. Kaum hat man geduscht, ist man auch schon wieder von einem leichten Schmierfilm überzogen, der dazu führt, dass man am liebsten mit dem Kopf in der Luft schwebend, ohne das Kissen zu berühren, schlafen würde.

Erster Übernachtungsplatz in Peru, Peru 2019
Dat sind mal Reifen, Peru 2019

Tags drauf geht es weiter der Panamerikana nach, immer an der Küste lang. Diese ist geprägt von Schwerindustrie. Hier ein Kraftwerk, da eine riesige Fabrik. Immer umgeben von einer Dunstglocke. Mal kommen wir an einer Fischverarbeitung vorbei und kurbeln spontan die Fenster hoch, dann wieder an irgendwelchen Becken, die bestialisch nach faulen Eiern stinken. In Ilo steht gar ein großes Schild an der Playa, das anzeigt, dass der Strand kontaminiert ist. Der Planet kann einem hier schon wirklich Leid tun. Da ist es fast ein glücklicher Zufall, dass wir schließlich an einer Polizeisperre stehen. Der Polizist begrüßt uns mit Handschlag und lässt uns wissen, dass die Straße weiter nördlich durch einen Erdrutsch blockiert ist. Wir müssen zwar einen mehr als 100 Kilometer weiten Umweg fahren, fahren dafür aber durch eine umwerfend schöne Wüstenlandschaft.

Bildschöne Wüste, Peru 2019

Somit kommen wir etwas später als geplant an unserem heutigen Ziel an. Arequipa ist ein recht altes Kolonialstädtchen, das wieder einmal malerisch zu Füßen gleich dreier Vulkane liegt. Viele Gebäude der Stadt sind aus dem weißen Sillar-Gestein dieser Vulkane gebaut und verliehen Arequipa den Beinamen: weiße Stadt. Der Plaza de Armas wird dominiert von der monströsen Kathedrale, die gleich eine ganze Seite des zentralen Platzes einnimmt.

Arequipa, Peru 2019
Arequipa, Peru 2019

Eine der Hauptattraktionen von Arequipa ist das alte Santa Catalina Kloster. Wir besichtigen das historische Gemäuer und lassen uns von Carmen durch die Kammern und Gänge der Anlage führen, die schon seit 1579 Nonnen, überwiegend aus der spanischen Herrscherschicht beherbergt. Damals war es weit verbreitet, dass die zweite Tochter einer Familie ins Kloster ging. Um in Santa Catalina aufgenommen zu werden, musste die Familie eine hohe Mitgift ans Kloster abtreten, damit die Tochter aufgenommen wurde. Unsere geschriebenen Reiseführer lassen allerdings durchblicken, dass das Leben im Kloster wohl nicht immer nur nach streng religiösen Regeln ablief. Carmen hingegen bleibt stets bei der strikt katholischen Version. Tatsächlich aber schienen die Nonnen hier kein schlechtes Leben zu führen, denn zumindest in den Anfängen hatte jede Nonne quasi ein eigenes „Apartment“ mit Küche, Wohnzimmer und oft sogar einer Dachterrasse, von der aus man dem Treiben in der Stadt zuschauen konnte. Santa Catalina wurde nämlich durch eine Mauer komplett von Arequipa abgetrennt und wurde zur Stadt in der Stadt. War eine Nonne erst einmal ins Kloster eingetreten, hat sie es Zeit ihre Lebens nicht mehr verlassen, so zumindest die Version von Carmen…..

Außenmauern Santa Catalina Kloster in Arequipa, Peru 2019
Santa Catalina Kloster in Arequipa, Peru 2019
Apartment mit Küche im Santa Catalina Kloster in Arequipa, Peru 2019
Wasserfilterstein im Santa Catalina Kloster in Arequipa, Peru 2019
Kolibri an Fuchsie im Santa Catalina Kloster in Arequipa, Peru 2019 (Alter Schwede, ist das schwer die Viecher zu erwischen)
Die Wäscherei im Santa Catalina Kloster in Arequipa, Peru 2019
Beichtstuhl im Santa Catalina Kloster in Arequipa, Peru 2019
Innenhof im Santa Catalina Kloster in Arequipa, Peru 2019

Arequipa weiß wirklich zu gefallen und wir bleiben gleich mehrere Tage hier hängen. Wir probieren die lokale Küche inkl. Alpakasteak und Meerschweinchen und genehmigen uns die peruanische Version des Pisco Sour. Übrigens ist das, was da in Chile an den Weinreben wächst alles Andere, aber ganz bestimmt kein Pisco – so die peruanische Meinung.

Meerschweinchen (Cuy) und Alpaka zum Abendessen in Arequipa, Peru 2019
Nochmal lecker Crepes, Arequipa, Peru 2019

Auch in Arequipa herrscht derzeit Regenzeit. Es ist allerdings nicht so, dass es den ganzen Tag schütten würde. Morgens ist es relativ sonnig, teilweise schon zu heiß, bis es dann am Nachmittag zuzieht und es eventuell zu regnen anfängt. Das bewegt uns dazu, unser Glück am Colca Canyon zu versuchen. Die Schlucht ist eine der tiefsten der Welt und ihre Hauptattraktion sind Kondore, die bei ausreichender Thermik vom Grund der Schlucht aufsteigen und direkt an ihrem Rand entlang gen Himmel schweben. Auch hier ist die Regenzeit nicht zwingend die allerbeste Saison, wir versuchen es aber dennoch. Dazu müssen wir mal wieder auf 4.000 Meter und höher. Diesmal ist die Höhe aber nicht ganz so deutlich spürbar, da wir uns ja bereits in Arequipa auf etwa 2.400 Meter ü. NN halbwegs akklimatisieren konnten. Wer den Colca Canyon allerdings ausschließlich wegen der Kondore besucht, tut ihm unrecht, denn alleine schon die Landschaft ist die Anreise wert. Tiefe grüne Täler sind durchzogen von alten Mauern und landwirtschaftlichen Terrassen. Die Orte sind teilweise waghalsig in die Steilhänge gebaut.

Colca Canyon, Peru 2019
Colca Canyon, Peru 2019

Natürlich ist hier oben das Wetter schlechter als noch in Arequipa. Die erste Nacht regnet es mal wieder durch und auch die Starts und Landungen der riesigen Geier scheinen fürs Erste alle abgesagt zu sein. Zumindest zur veranschlagten, optimalen Besuchszeit zwischen 09.00 und 10:00 Uhr. Die meisten Touri-Gruppen sind schon längst wieder abgezogen, als dann gegen Mittag doch noch ein paar der Giganten der Lüfte die Schlucht nach oben kreiseln. Die Vögel sind zwar hässlich wie die Nacht aber majestätische Flieger. Sie kommen teilweise wirklich recht nahe und recken dabei neugierig die Hälse in Richtung der Schaulustigen. Wir halten noch eine zweite Nacht im Regen durch und werden am darauffolgenden Tag mit einer wesentlich imposanteren Flugschau belohnt. Etliche Kondore kreuzen durch die Luft und lassen sich vom warmen Aufwind nach oben tragen.

Die Geier kreisen, Kondore am Colca Canyon, Peru 2019
Kondor am Colca Canyon, Peru 2019
Kondor am Colca Canyon, Peru 2019
Kondor am Colca Canyon, Peru 2019

Das Warten hat sich also gelohnt und zufrieden ziehen wir weiter unserer Wege. Dafür wählen wir die kürzere Schotterstrecke zurück zur Küste. In den vergangen Tagen haben wir diverse Einheimische zum Zustand der Piste befragt und die Antworten reichten von: „da kommt man derzeit nicht durch wegen Steinschlag/Erdrutsch“, bis: „alles kein Problem, da fahren täglich Leute lang“. Wir müssen es also wieder selbst ausprobieren. Die erste Hälfte der Strecke ist tatsächlich nicht weiter kritisch. Dann aber kommen wir mal wieder über 4.000 Meter und fahren von oben in eine graue, träge Nebelsuppe. Erst wabern nur feine Tröpfchen durch die Luft, dann fängt es an zu nieseln und schließlich regnet es wie aus Eimern. Mittendrin werden wir fast vom einzigen Auto von der Piste geräumt, das uns hier oben entgegen kommt. Ein großer Bus taucht bei Sichtweite von etwa 30 Metern unvermittelt vor uns auf. Die Strecke wird immer schlechter und irgendwann fahren wir dann mit den Sturzbächen, die über „Straße“ strömen um die Wette. Das Taxi sieht mal wieder aus wie sau, wir kommen aber wohlbehalten an der Küste an und suchen uns ein Camp.

Es wird noch feuchter, auf dem Weg vom Colca Canyon zurück zur Küste, Peru 2019
Wettfahrt mit dem Wasser, auf dem Weg vom Colca Canyon zurück zur Küste, Peru 2019

Leider haben uns die Wassermassen am nächsten Tag schon wieder eingeholt und gleich mal die Panamerikana überschwemmt. Wir stehen 4 Stunden im Stau und gelangen schließlich vor bis an die Stelle, wo eigentlich eine Straße sein sollte. Jetzt aber finden wir dort einen einigermaßen reißenden Strom vor. Es ist schwer was los hier. Ein großer unbeladener LKW samt Anhänger wird gerade vom Fluss etwas davon geschwemmt und sämtliche PKW werden ohne viel Federlesens an die Traktoren der lokalen Bauern gehängt, um mit abgeklebten Türen durch den Fluss gezerrt zu werden. Das Wasser reicht so hoch, dass die Reifen der Lastwagen und Busse komplett im Wasser verschwinden und einige Männer stehen bis zur Brust im Strom. Nun ist der Durchschnitts-Peruaner nicht besonders groß, das Szenario beeindruckt aber dennoch. Wir lehnen den Service der Treckerfahrer dankend ab, kleben unsere seitlichen Lüftungsschlitze zu, legen Allrad ein, sperren die Naben an der Vorderachse uns los geht’s. Das Taxi scharrt im Schlamm und Geröll mit den Reifen und das braune Wasser des Flusses fließt seitlich über die Haube und versucht uns stromabwärts zu drücken. Das ist so ungefähr unsere Wohlfühlgrenze für Wasserdurchfahrten, aber wir kommen unbeschadet durch. Einzig das Kennzeichen ist vom Wasserdruck seitlich umgeknickt und wir haben ein wenig Wasser in den Scheinwerfern. An der gegenüberliegenden Seite angekommen schalten wir wieder in den Reisemodus und „zischen“ kurze Zeit später schon wieder über den Flickenteppich der Panamerikana. Wir legen noch eine Nacht an der Küste ein und bewundern die Wellen die bei einsetzender Dunkelheit beim Brechen in der Brandung merkwürdig leuchten – faszinierend.

Überschwemmung auf der Panamerikana, Peru 2019
Mystisch leuchtende Wellen bei Puerto Inca, Peru 2019

Wir besuchen als nächstes die Nekropolis von Chauchilla. Ein altes Gräberfeld aus der Zeit noch vor der Inkaherrschaft. Alte Grabkammern wurden hier geöffnet und heute sind die Mumien offen unter kleinen Bastdächern zu besichtigen. Leichte Gänsehaut kommt auf.

Nekropolis von Chauchilla, Peru 2019
Nekropolis von Chauchilla, Peru 2019
Nekropolis von Chauchilla, Peru 2019

Die Straße führt weiter an den sagenumwobenen Nasca Linien vorbei, oder teilweise auch mitten hindurch. Die Bedeutung der Linien und Figuren ist heute noch nicht zweifelsfrei ergründet. Am Besten schaut man sie sich aus der Luft aus an. Allerdings haben die Fluganbieter hier keine allzu gute Reputation und uns bekommen keine 10 Pferde in diese kleinen Klapperkisten. Wir nehmen Vorlieb mit einem der Aussichtstürme und gewinnen so zumindest einen kleinen Eindruck der Bilder. Dr. Maria Reiche, eine gebürtige Dresdenerin, hat sich fast ihr ganzes Lebens lang mit diesen Linien und Figuren beschäftigt. Ein kleines Museum bietet zumindest einen kurzen Einblick in ihr Wirken.

Schließlich landen wir bei Ica in der Oase Huacachina. Wir trauen beinahe unseren Augen nicht. Die Oase liegt stilecht in einem großen Sanddünenfeld, bei dem ein 1000 und eine Nacht Gefühl aufkommen kann. Heute ist Sonntag und es ist die Hölle los. Unzählige Menschen strömen durch die Gassen und über die Dünen. Man kann Sandboarden, Tretboot fahren, oder sich auf Quads im Sand vergnügen. Die Hauptattraktion sind allerdings die Monsterbuggies, die, mit riesigen Ami V8 Motoren bestückt, durch die Dünen pesen. Überall knattern die Motoren und kreischen die Mädels bei den steilen Abfahrten. Das muss man erst mal auf sich wirken lassen. Wir steigen für 2 Nächte im Ecocamp des Desert Nights Hostels ab und genießen solche Annehmlichkeiten wie den kühlen Pool mit Blick auf die Dünen und einer Happy Hour, die 24/7 gilt. Fast schon ein bisschen Ballermann, aber wir machen einfach mal 2 Tage Urlaub hier, natürlich inklusive der obligatorischen Dünenbuggy-Tour, die vorsichtig ausgedrückt, eine Mordsgaudi macht hat. Unser Fahrer heißt Alejandro und er weiß genau was er da tut. Im Affenzahn fliegt der Buggy durch die teilweise beeindruckend steilen Sanddünen. Dabei werden wir hartnäckig von einem der „Straßenhunde“ verfolgt. Dann und wann wird gestoppt und es kommen die Sandboards zum Einsatz. Mit ihnen geht es bäuchlings die Dünen herunter. Kaum ist alles wieder verstaut, taucht wieder dieser Hund auf und setzt dem Buggy weiter nach. Irgendwann mal frage ich Alejandro mehr aus Jux, ob das sein Hund sei. Überraschenderweise beantwortet er das mit ja, das sei Ringo, der aber eigentlich zu Hause bleiben sollte, weil er für diese Hetzjagd schon viel zu alt ist…..

Abendrot auf der Buggytour, Peru 2019

 

Zum Sonnenuntergang stehen wir weit oben auf einer einsamen Düne und sehen dem roten Feuerball zu, wie er glühend hinter dem Paracas Nationalpark im Meer versinkt. Und natürlich hat es auch Ringo bis hierher geschafft. Der Ärmste ist fix und fertig und bekommt von Alejandro erst mal Wasser.

Abendrot auf der Buggytour, Peru 2019

Die Sonne ist schließlich untergangen, für uns das Signal zum Aufbruch zurück nach Huacachina. Alejandro verfrachtet Ringo ins Heck des Buggies und noch einmal zischen wir durch die Dünen und haben eine fantastische Sicht auf das beleuchtete Ica und die Oase Huacachina.

Schreibe einen Kommentar zu Jens Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Wir benutzen Cookies um die Nutzerfreundlichkeit der Webseite zu verbessen. Durch Deinen Besuch stimmst Du dem zu.
error: Content is protected !!