Argentinien Chile Südamerika

Alles hat ein Ende nur die Welt hat zwei

26.11.2018 – 30.11.2018

Alles hat ein Ende, nur die Welt hat zwei.

Das Radio schmettert heute die Donots mit „Das Ende der Welt ist längst vorbei“. Wenn man bei den originalen Toyota Lautsprechern überhaupt von „schmettern“ sprechen kann. Das hört sich eher an wie das gute alte Blechdosentelefon aus Kindertagen.

Es geht zurück über den Garibaldi Pass nach Rio Grande, wo wir mal wieder einen Waschtag einlegen müssen. Bei der Anfahrt unseres nächsten Übernachtungsplatzes kommt schon wieder das Abschleppseil zum Einsatz. Ein Einheimischer hat sich am Strand festgefahren. Wir sollten das vielleicht geschäftlich betreiben….

Das nördliche Feuerland unterscheidet sich doch ziemlich vom Süden. Die Landschaft ist sanft hügelig und saftig grün. Die Estancias hier sind riesig. Teilweise mit eigener Schule. Bei San Sebastian müssen wir erneut auf die chilenische Seite der Insel und haben dementsprechend wieder eine Opferzwiebel und einen Apfel parat. Der Grenzübergang genießt den Ruf einer der pingeligsten zu sein. Und wir kommen heute in den doppelten Genuss der Kontrolle, denn gleich zwei Kontrolleurinnen drehen uns mal nach Strich und Faden auf Links. Als erstes stellt sich uns mit zartem Stimmchen Valentina vor, die wohl derzeit in der Ausbildung ist. Begleitet wird sie von ihrer Ausbilderin, die ihr stets mit mütterlicher Strenge vorgibt was zu tun ist. Valentina scheint es noch ein wenig unangenehm zu sein, in den Sachen anderer Leute zu kramen, ihre Ausbilderin kennt da aber keine Gnade und keine Scheu. Sie gibt die Anweisungen, die die Azubine dann zu befolgen hat. Und wir werden als Lehrbuch Beispiel hergenommen. Valentina sieht in jeden Schrank, in jede Tüte und in jeden Rucksack. Im Müllbeutel findet sie nicht ohne Stolz ein paar Orangenschalen. Die sind auch verboten! Zum Schluss erklärt ihr die Ausbilderin, dass wir auch eventuell noch unerlaubte Lebensmittel im Klappdach versteckt haben könnten, also müssen wir auch das aufklappen. Im Prinzip ist das alles kein Problem, da wir ja wussten, wann wir die Grenze überqueren würden und somit unsere Lebensmittel, die nicht eingeführt werden dürfen, dementsprechend aufgebraucht haben. Bei einer spontaneren Grenzquerung, bei der man sich schon mal dazu hinreißen lässt Dinge zu verstecken, kann man da böse auf die Nase fallen. Und nach dieser Erfahrung besteht für uns kein Zweifel, dass die Grenzkontrolleure bei dem beliebten Katz und Maus Spiel des Lebensmittelversteckens in jedem Fall die Oberhand behalten, wenn sie denn nur wollen. Die kennen die Verstecke genau.

Nach Abschluss der Kontrolle fragt die Ausbilderin wie es denn nun weiter geht und Valentina holt zu ihrem auswendig gelernten Abschlusssatz aus: „Vielen Dank für Ihre Kooperation und ich wünsche Ihnen eine gute Weiterrei…..“. Zu Ende bringt sie den Satz nicht, denn ihre Vorgesetzte bellt dazwischen: „Falsch! Falsch! Völlig Falsch!“ Valentina schreckt zusammen und ich gleich mit. Beide stehen wir stramm und nehmen die Belehrung mit großen Augen zur Kenntnis. Auf der Deklaration, die wir vor der Grenzkontrolle ausgefüllt haben steht „Janina“. Das ist ja wohl eine Señora. Vor Valentina steht aber zweifelsfrei ein Caballero, nämlich ich. Also muss Janina nun aussteigen und zu dritt verschwinden die Damen im Zollgebäude. Und während ich draußen das Klappdach wieder zusammenfalte, werden die erbeuteten Lebensmittel drinnen vor Janina’s Augen kleingeschnitten und mit einer blauen Flüssigkeit unbrauchbar gemacht. Sogar unser kompletter Müllbeutel wird einbehalten. Somit müssen wir uns um dessen Entsorgung schon mal keine Gedanken mehr machen.

Nachdem das Ganze endlich überstanden ist, machen wir bei schönstem Sonnenschein dann doch noch den Stopp bei den Königspinguinen, bevor wir schließlich die Fähre am Punta Delgada über die Magellanstraße zurück ans Festland nehmen. Die Nutzung ist denkbar einfach. Anstellen, rauf fahren, an Bord bezahlen und im Nu ist man wieder runter von Feuerland.

Entlang der Magellanstraße geht’s zurück in Richtung Punta Arenas, wo wir noch einiges zu Erledigen haben. Unterwegs kommen wir an einer verlassenen Estancia mit dem Charme einer Geisterstadt vorbei, die direkt am Meer liegt. Und genau gegenüber sind zwei vor sich hin rostende Kähne angekettet. Irgendwie surreal.

Wir haben heute ordentlich Kilometer geschrubbt und sparen uns die Campsuche in der Stadt. Stattdessen stoppen wir im Parque Chabunco, einem kleinen Park mit vielen, nett angelegten Grillplätzen an denen man auch hervorragend campen kann. Wir stehen leicht erhöht und können bei untergehender Sonne Wale in der Magellanstraße ausmachen. Ihre langen grauen Rücken reflektieren glitzernd das Sonnenlicht und im Abendrot leuchten ihre Atemfontänen orangefarben auf. Wir können sie nicht zweifelsfrei identifizieren, dazu sind sie einfach zu weit entfernt. Wir gehen aber von Buckelwalen aus.

 

Nachdem wir Tags drauf unsere to do Liste in Punta Arenas abgearbeitet haben, fahren wir runter zum „fin de camino“, dem Ende des amerikanischen Festlandes. Wer also Ushuaia oder den Rio Moat als Mogelei empfindet, weil man ja schließlich eine Fähre zur Hilfe nehmen muss, um dorthin zu gelangen, findet hier seine Erfüllung. Dieser Punkt ist der südlichste erreichbare Ort, den man sich auf diesem Kontinent ohne fremde Hilfe „erarbeiten“ kann. Auch hier gibt es wieder zahlreiche Campmöglichkeiten in der näheren Umgebung und wir stellen uns an den Strand. Wieder ziehen die Wale draußen in der Magellanstraße ihre Kreise und auch Seelöwen und Delfine tollen direkt vor uns am Strand vorbei. Die Wanderung zum südlich gelegenen Leuchtturm San Isidro fällt leider sprichwörtlich ins Wasser. Ein paar Tage weiter den Strand runter liegt dann das Cabo Froward. Kennt kein Mensch, ist aber der geografisch südlichste Punkt des amerikanischen Doppelkontinents auf dem Festland und somit der Ort, an dem sich Atlantik und Pazifik treffen.

Wir haben uns hier am Ende der Welt (wo auch immer es genau liegen mag) ordentlich ausgetobt und jeder Kilometer war es wert, erfahren zu werden. Nun ist es an der Zeit den Kompass von der anderen Seite zu betrachten, wir stellen einen neuen Kurs ein und zwar 0°. Oder auch: Kurs Nord.

 

 

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