Südamerika Chile

Valparaiso

Valparaiso: 29.09.2018 – 02.10.2018

 

Mit dem Pullmann Bus erreichen wir die Hafenstadt Valparaiso (Valpo) von Santiago de Chile aus kommend in weniger als 2 Stunden. Mein Sitznachbar ist so ein junger Gangstertyp mit Baseball Cap und Tätowierungen bis auf den Handrücken. Wie alle anderen im Bus müssen auch wir uns natürlich anschnallen. Nur leider scheint mein Gurtschloss defekt und beim Versuch den Anschnaller einzurasten, ramme ich das Ding meinem Nachbarn mit Anlauf in die Rippen. Kurz bin ich mir sicher, dass mein Dasein auf Erden jetzt und hier im Gangsterstyle sein Ende findet, aber der Knabe lächelt mir nur milde zu und denkt sich seinen Teil. Den Rest der Fahrt verbringt er damit, teure Sneaker per Internet zu kaufen.

Wir erreichen das „Terminal de Busses“ in Valpo und da unsere Unterkunft am anderen Ende der Stadt liegt, müssen wir mit Sack und Pack nochmal umsteigen in einen der vielen lokalen Nahverkehrsbusse, die durch die Stadt wuseln.

Die sehr gute Wegbeschreibung von Ronny, unserem Speditionskontakt hier in der Stadt, ist dabei sehr hilfreich. Wir steigen an der Haltestelle Bellavista aus und nehmen auf dem Plaza Anibal Pinto noch schnell eine Stärkung zu uns, denn kurz darauf machen wir Bekanntschaft mit dem ersten Markenzeichen von Valpo, den steilen Hügeln. Wir schleppen unser Reisegepäck hinauf zum Hostal Casa Verde Limon und dann weiter zum Appartement im Casa Violeta Limon. Hier haben wir uns für drei Nächte eine kleine Selbstversorger Unterkunft angemietet, um die Stadt zu erkunden und um endlich unser Auto wieder in Empfang zu nehmen. Wichtigstes Ausstattungsmerkmal des Appartements: ein Gasofen. Denn es ist doch derzeit ziemlich kalt hier in Valpo.

Die Wahl der Unterkunft erweist sich als Glücksgriff, denn wir sind nur einen Steinwurf entfernt vom nächsten Wahrzeichen der Stadt. Einer der bekannten Standseilbahnen, die quer durch die Stadt verteilt sind. In diesen mehr als 100 Jahre alten Aufzügen, den Ascensores, kann man in teils abenteuerlichen Winkeln die Hügel hinaufgleiten. Wir wohnen gleich ums Eck von Ascensor Reina Victoria, der uns ins vermutlich schönste Viertel von Valpo befördert, dem Cerro Concepcion und Cerro Alegre. Hier finden sich viele der schönsten Wandmalereien, für die Valparaiso bekannt ist.

Begonnen hat das alles mit den ersten Wandmalereien von ein paar Studenten in den 70er und 80er Jahren oberhalb des Ascensor Espiritu Santo, wo die Straßen und Gassen zu einem Freilichtmuseum, dem Museo a Cielo Abierto umfunktioniert wurden.

Den ganzen Tag könnte man durch die engen Gassen und Treppen schlendern und immer neue Bilder entdecken. Und genau das machen wir dann auch und genießen die einmalige Stimmung und Lage von Valparaiso, das mit seiner Altstadt direkt an den quirligen Hafen grenzt. Beim Schlendern ist man allerdings gut beraten, wenigstens ab und zu den Blick von den Kunstwerken abzuwenden und gen Boden zu richten. Denn die Stadt strotzt vor Straßenhunden, die die Gassen zahlreich mit Tretminen „verzieren“.

Unweit des Plaza Sotomayor werden wir Zeugen einer Freiluftmesse für die Bedürftigen, die hier auch gleich gespeist werden. Im Anschluss an den Segen durch den Pfarrer werden hier kleine silberne Kruzifixe an die Menschen verteilt und obwohl wir etwas abseits stehen, bekommen auch wir so ein kleines Kreuz in die Hände gedrückt. Nun sind wir zwar keine Spirituellen Menschen, aber unseren Omas hätte oder vielleicht auch unseren Müttern würde dieses Symbol bestimmt gefallen, wir nehmen es zum Start der Reise auf jeden Fall als gutes Omen….

Abends schallt Musik durch die Straße vor der Casa Violeta Limon. In einem unscheinbaren Hinterhof versammeln sich Musiker aller Art und geben chilenische Musik zum Besten. Dieses Konzert können wir uns natürlich nicht entgehen lassen und gesellen uns dazu. Groß und Klein tanzen und klatschen mit und feiern friedlich zusammen.

Am letzten Tag in Valpo werden wir wie vereinbart von Ronny um 08:30 Uhr morgens abgeholt. Auch Heiner und Virginia, das Paar mit dem zweiten Landcruiser, sitzt schon im Auto. Ronny ist unser Profi in der Abwicklung der Hafen- und Zollmodalitäten, die nötig sind, um unser drittes Teammitglied auf südamerikanische Straßen zu bekommen. Zwar wäre es bestimmt auch möglich, das alles selber zu erledigen, aber wegen unserer (noch) bröckeligen Spanischkenntnisse, nehmen wir seinen Service gerne in Anspruch. Von anderen Häfen wie Montevideo, Buenos Aires und Cartagena ist uns bekannt, dass die Abwicklung bis zu drei Tage dauern kann. Teilweise ist ein ziemlich komplexer Behördenmarathon zu absolvieren. Hier in Valpo soll das alles innerhalb eines Arbeitstages erledigt sein. Wir sind gespannt.

Ronny nimmt sein Geschäft auf und ist dabei äußerst tiefenentspannt. Er besorgt für uns vier die vorgeschriebenen Helme und Sicherheitswesten und schon dürfen wir aufs Verladegelände. Hätten wir die Fahrzeugschlüssel im Vorfeld abgegeben, wäre schon alles vorbereitet gewesen und es hätten nur noch ein paar Formulare ausgefüllt werden müssen. Unsere Bedingung war allerdings, dass wir keine Fremden Personen in unsere Fahrzeuge lassen wollten, da unser gesamtes Reise-Equipment darin mitverschifft wurde. Somit dürfen wir die Autos jetzt selbst wieder aus dem Container herausfahren. Batterie angeklemmt, Schlüssel herumgedreht und schon läuft der große 6-Zylinder des Landcruiser wie gewohnt, als hätten wir ihn eben grade erst abgestellt.

Die Entladepapiere werden ausgefertigt und dann fährt Ronny mit einem Teil der Mannschaft zum Zoll im Hafen. Da noch ein weiterer Kunde aus England dazustößt, der sein Motorrad der selber Prozedur unterziehen muss wie wir unsere Autos, muss einer von uns da bleiben. Das Los fällt auf mich und so kann ich es mir in der Sonne gemütlich machen. Auf dem ganzen staubigen Verladegelände mit seinen hunderten Containern gibt es ein einziges grünes Fleckchen, das sogar von zwei Rasensprengern gepflegt wird. Hier stehen auch zwei Parkbänke, von denen eine für die nächsten zwei Stunden mir gehört. Solange sind die Anderen nämlich beim Zoll in der Stadt, bei dem übrigens niemand auch nur ein Wort Englisch spricht. Hier wären wir also schon mit unseren rudimentären Spanischkenntnissen gestrandet.

Die anschließende Zollinspektion der Fahrzeuge findet dann wieder hier auf dem Verladeplatz statt, allerdings erst um 14:30 Uhr. So dass wir gemütlich erst mal Essen gehen können.

Die letzte Hürde wird dann nochmal spannend. Die Zollinspektoren rücken im Dreiergestirn an. Der Erste lugt mit einem Endoskop in alle Tanks. Der Zweite führt einen Drogenspürhund durch die Autos. Der Dritte inspiziert alles, was dem Hund verdächtig erscheint. Wir feixen gerade noch, dass wir wohl die ersten Deppen wären, die Drogen nach Südamerika einschmuggeln, da schlägt Bello auch schon in unserem Auto an. Ich mache erst mal ein unschuldiges Gesicht und zucke mit den Achseln. Freundlich aber bestimmt bittet mich der dritte Zollinspektor alles zu öffnen, was den Hund interessiert. In erster Linie scheint er meinen grünen Wanderrucksack zu mögen. Alles wird auf Links gekrempelt und es wird zwischen jedes Tempotaschentuch geschaut. Letztendlich ist aber alles „clean“, was auch sonst.

Um kurz vor 16:00 Uhr ist es tatsächlich so weit, wir bekommen grünes Licht und rollen auf eigenen Rädern hinaus auf die chilenischen Straßen. Ronny hat Wort gehalten und unsere Autos innerhalb eines Arbeitstages durch den Behördendschungel gebracht.

Wir steuern die erste Tankstelle an, um ein wenig zu tanken und machen ein paar Besorgungen im Supermarkt. Dann machen wir uns auf die Suche nach einem Campingplatz, um uns im Auto zu organisieren und unsere Sachen vernünftig zu verstauen. Die drei heraus gesuchten Camps in Laguna Verde bestechen durch Nichtexistenz oder durch völlige Verwahrlosung. Also fahren wir den Camino al Faro raus, bis fast zum Ende. Hier finden sich viele nette kleine Übernachtungsmöglichkeiten im Wald. Da immer noch ein recht kalter Wind pfeift, suchen wir uns ein geschütztes Eckchen und verbringen unsere erste Nacht in Chile’s freier Natur.

Am nächsten Morgen füllen wir unsere Bargeldbestände in Valpo an der Scotia Bank auf, machen die Dieseltanks randvoll und setzen dann Segel Richtung Süd, entlang der Ruta del mar.

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